Das Klimaphänomen El Niño findet durchschnittlich alle vier Jahre im Pazifik statt. In El Niño-Jahren wird die ohnehin schon ansteigende Menge an Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre zusätzlich erhöht. Wissenschaftler ermittelten nun anhand von Satellitendaten und Bodenmessstationen, dass in den Jahren 2015/2016 durch den El Niño-Effekt 8,8 Milliarden Tonnen CO2 zusätzlich in die Atmosphäre gelangten. Diese Menge entspricht etwa einem Viertel aller jährlichen anthropogenen Kohlendioxidemissionen. Als ursächlich sehen die Forscher die durch El Niño ausgelöste Dürre auf der Südhalbkugel der Erde an, wodurch die Vegetation geschwächt wird und weniger CO2 aufnehmen kann als gewöhnlich.
El Niño ist ein natürliches Klimaphänomen, das unregelmäßig etwa alle zwei bis sieben Jahre die Wassertemperaturen und Meeresströmungen im äquatorialen Pazifik durcheinanderbringt. Dies hat enorme Auswirkungen auf das Wetter auf der gesamten Südhalbkugel. Während manche Gegenden mit massiven Niederschlägen zu kämpfen haben, leiden andere unter Dürre. Selbst das Wetter auf der Nordhalbkugel wird von El Niño noch beeinflusst.
Schon länger war bekannt, dass ein El Niño-Ereignis große Mengen von Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2) zusätzlich in die Atmosphäre bringt. Doch das Ausmaß der zusätzlichen CO2-Freisetzung konnte bislang nur unvollständig beziffert werden, da man auf CO2-Messungen einiger weniger Bodenstationen angewiesen war. Beim letzten El Niño in 2015/16, dem drittstärksten seit Mitte des letzten Jahrhunderts, kamen Satelliten zur Hilfe, die aus dem Weltraum kontinuierlich die CO2-Konzentration in der Atmosphäre messen.
Zusätzliche CO2-Freisetzung durch El Niño bislang nur unvollständig beziffert
Daraus berechnete ein internationales Forscherteam mit Beteiligung der Max-Planck-Institute für Chemie und für Biogeochemie, dass der El Niño 2015/16 etwa 2,4 Milliarden Tonnen Kohlenstoff bzw. 8,8 Milliarden Tonnen CO2 zusätzlich in die Atmosphäre brachte. Das entspricht etwa einem Viertel der Menge, die weltweit jedes Jahr durch menschliche Aktivitäten freigesetzt wird. Zum Vergleich: Im Jahr 2015 wurden in Deutschland rund 0,8 Milliarden Tonnen CO2 aus fossilen Brennstoffen emittiert.
Dietrich Feist, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Biogeochemie, erläutert die Bedeutung der Studie: „Unsere Ergebnisse sind deshalb so wichtig, weil man damit abschätzen kann, wie groß natürliche Schwankungen der Treibhausgaskonzentrationen im Vergleich zu den durch Menschen verursachten Veränderungen sind.“ Der Forscher aus Jena betreibt eine Messstation für atmosphärische Spurengase auf der Atlantikinsel Ascension Island. Sie ist aktuell die einzige Station im Äquatorbereich, mit der die Satellitendaten überprüft werden können.
CO2-Emissionen durch Feuer haben nur einen nachgeordneten Effekt auf den Kohlenstoffgehalt der Atmosphäre
Bisher wurde hauptsächlich der zusätzliche Kohlendioxid-Anstieg durch dürrebedingte häufigere Torf-, Busch- und Waldbrände untersucht. Frühere Satellitendaten stimmten jedoch mit den neuen Zahlen nicht überein: Anhand der Wärmestrahlung der Brände und des Kohlendioxid- und Kohlenmonoxid-Gehalts der Rauchfahnen errechneten die Wissenschaftler bisher „nur“ etwa 0,75 bis 1,2 Milliarden Tonnen zusätzlicher CO2-Emissionen während eines El Niño-Jahres. Die neue Zahl von 8,8 Milliarden Tonnen zusätzlichen Kohlendioxids legt daher nahe, dass die durch Feuer entstandenen Emissionen nur einen nachgeordneten Effekt auf den Kohlenstoffgehalt der Atmosphäre haben. Deutlich stärker macht sich wohl bemerkbar, dass die unter Dürre leidende Vegetation auf der Südhalbkugel nicht so viel CO2 aufnehmen konnte wie gewöhnlich. Die Wissenschaftler erwarten, dass dieser Vegetationseffekt in den folgenden Jahren durch vermehrtes Pflanzenwachstum wieder rückgängig gemacht wird.
Vermehrtes Pflanzenwachstum wird den Effekt der geschwächten Vegetation rückgängig machen
Johannes Kaiser vom Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie fügt hinzu: „Auch wenn der El Niño-Effekt umkehrbar erscheint, konnten wir in früheren Untersuchungen zeigen, dass jährlich bis zu einer Milliarde Tonnen CO2 irreversibel aus Vegetationsfeuern in die Atmosphäre entweichen. Diese Brände sind durch die Ausweitung der Palm- und Holzfaserplantagen in Indonesien eindeutig menschengemacht und können die aus fossilen Brennstoffen stammenden Kohlenstoffemissionen ganzer Industrienationen übertreffen.“ Kaiser analysiert mit seinem Team seit 2012 satellitengestützte Beobachtungen von Vegetationsfeuern. Er hat die nun veröffentlichte Studie mitkonzipiert und die durch Brände verursachten Kohlenstoff-Emissionsdaten geliefert.
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