Wie Außenseiter die Welt sehen: Sprache und Mythen aus Südamerika stehen im Zentrum eines neuen Forschungsvorhabens des Fachgebietes Kultur- und Sozialanthropologie der Philipps-Universität Marburg. Der Ethnologe Professor Dr. Ernst Halbmayer sowie seine Mitarbeiterinnen Anne Goletz und Katrin Metzger widmen sich in ihrem Projekt den Yupka, die im Grenzgebiet zwischen Kolumbien und Venezuela leben. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert die wissenschaftliche Arbeit bis zum Jahr 2019 mit über 230.000 Euro. Neuerdings sind zwei Yupka-Gemeinden und das Fachgebiet Kultur- und Sozialanthropologie der Philipps-Universität in einer offiziellen Kooperation verbunden.
Die Yukpa gehören zur Sprachgruppe der Carib-Sprecher. „Die mindestens 15.000 Yukpa leben heute zum Teil in größeren Städten, mehrheitlich aber in abgelegenen Siedlungen in den Bergen“, sagt Projektleiter Halbmayer, der Kultur- und Sozialanthropologie an der Philipps-Universität lehrt. Sowohl sprachlich wie auch soziokulturell gelten die Yupka als Außenseiter: „Ihr Siedlungsgebiet liegt in relativ großer geographischer Distanz zu anderen Carib-Gruppen“, erläutert Projektmitarbeiterin Anne Goletz. „Die unmittelbaren Nachbargruppen der Yukpa sprechen Chibcha- und Arawak-Sprachen.“
Die einzelnen Untergruppen der Yupka zeigen zum Teil beträchtliche Unterschiede auf sprachlicher wie auf soziokultureller Ebene. Dennoch wurden weder die außergewöhnliche Stellung der Yukpa, noch die Unterschiede zwischen den einzelnen Untergruppen bisher systematisch untersucht. „Wir möchten mit unseren Forschungen diese Lücke anhand einer vergleichenden Analyse von Schöpfungsmythen und deren lebensweltlichen und soziokosmologischen Implikationen schließen“, erklärt der Projektleiter.
Das Team kann auf einen reichhaltigen Bestand von Yukpa-Schöpfungsmythen zurückgreifen. Diese möchten Halbmayer und seine Mitarbeiterinnen in einem ersten Schritt systematisch aufarbeiten. Hierzu gehören die Verschriftlichung, die sprachwissenschaftliche Erläuterung der Wortbedeutungen, Übersetzung ins Englische sowie ethnografische Kontextualisierung der Aussagen in den Erzählungen.
Die Forschungsgruppe plant darüber hinaus, in einem zweiten Schritt die Mythen der Yupka mit jenen anderer Carib-Gruppen sowie den Schöpfungsmythen der Chibcha- und Arawak- Sprecher zu vergleichen. „Das Projekt wird zu einer systematischen vergleichenden Analyse indigener Kosmologien im Norden Südamerikas beitragen“, fasst Projektleiter Halbmayer den Zweck des Projekts zusammen.
Nachdem das Fachgebiet Kultur- und Sozialanthropologie der Philipps-Universität in den Bereichen Forschung und Bildung bereits seit einigen Jahren mit Yukpa-Gemeinden zusammenarbeitet, vereinbarte es im Sommer mit zwei dieser Gemeinden eine offizielle Kooperation. Die Yukpa-Gemeinden Iroka und Sokorpa liegen in einem Gebirge Nordwest-Kolumbiens. „Wir freuen uns über die Formalisierung der Zusammenarbeit“, sagt Halbmayer. Zum Auftakt der Kooperation wurde mit lokalen Lehrern ein Workshop zum Thema Schulbildung und Muttersprache veranstaltet. „Die Kooperation soll im DFG-Projekt ‚Sprache und Mythen der Yukpa‘ weitergeführt und ausgebaut werden“, erklärt der Anthropologe.
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