Mit großer Besorgnis haben MISEREOR und zahlreiche seiner Partnerorganisationen das Ergebnis der Stichwahl zum neuen brasilianischen Präsidenten zur Kenntnis genommen. „Nach der Wahl von Jair Bolsonaro befürchte ich, dass die Rechte gerade der Armgemachten, der Minderheiten und Verletzlichsten in Brasilien drastisch eingeschränkt werden. Dass es zu mehr Verfolgung und Gewalt kommt und dem Schutz der Schöpfung nicht die nötige Priorität beigemessen wird“, sagt MISEREOR-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel. Das alles habe Bolsonaro vor der Wahl bereits angekündigt.
Der Chef des katholischen Werks für Entwicklungszusammenarbeit rechnet zudem damit, dass sich der Handlungsspielraum für die Zivilgesellschaft, insbesondere für Nichtregierungsorganisationen, verkleinern wird. Auch müssten diese mit offener Verfolgung rechnen. Nicht zuletzt habe das neue Staatsoberhaupt Brasiliens die Kirche und ihre Institutionen offen angegriffen – und damit auch wichtige Partnerorganisationen von MISEREOR. Bereits vor der Wahl sei mit gezielt lancierten Falschmeldungen Stimmung gegen Sozial-Aktivisten und Vertreter von Minderheiten gemacht worden. „Das hat zu einer Zunahme von Bedrohungen bis zu tödlicher Gewalt gegen diesen Personenkreis geführt“, heißt es in einem Brief von mehreren brasilianischen Partnerorganisationen an MISEREOR.
Indigene besonders bedroht
Besonders bedroht fühlen sich nach der Wahl Bolsonaros indigene Bevölkerungsgruppen. Der neue Präsident hatte im Wahlkampf angekündigt, dass den traditionellen Völkern „kein Zentimeter Land“ in ihren Schutzgebieten erhalten bleiben werde. Diese würden stattdessen für die industrielle Landwirtschaft geöffnet. „Der Rassismus dieses ultrarechten Politikers gegenüber traditionellen Völkern ist sehr beunruhigend, ebenso, dass er den Schusswaffengebrauch gegen Indigene rechtfertigt“, warnt die MISEREOR-Partnerorganisation CIMI, die Fachstelle für Indigene der brasilianischen Bischofskonferenz.
MISEREOR-Chef Spiegel, der selbst 15 Jahre als Pfarrer in Brasilien tätig war, mahnt eindringlich vor gravierenden Folgen für den inneren Frieden des lateinamerikanischen Landes, sollte Bolsonaro seine Wahlkampf-Ankündigungen wahr machen. „Ich weiß aus eigener Anschauung um die Nöte der armgemachten Bevölkerung, die auch in einem Schwellenland wie Brasilien täglich ums Überleben kämpft. Ich weiß um die Bedrohung von Minderheiten, die schon jetzt die Vertreibung von ihrem Land, Verfolgung und Gewalt erleben. Ich weiß um eine umweltzerstörende Politik und die Reduktion des Amazonasgebietes und seiner Urwälder auf ökonomische Interessen. Der gewählte Präsident verurteilte bisher nicht die begangene Gewalt gegen Arme, Schwarze, Indigene und MInderheiten. Zivilcourage wird mehr denn je notwendig sein. Der Internationalen Gemeinschaft darf es nicht gleichgültig sein, wie sich Brasilien zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen verhält.“
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