WWF: Zahl der bedrohten Tier- und Pflanzenarten bleibt 2018 auf „schrecklichem Rekordniveau“

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Saiga-Antilope ©wild wonders of europe / Igor Shpilenok WWF
Datum: 28. Dezember 2018
Uhrzeit: 11:18 Uhr
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Autor: Redaktion
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Die Artenvielfalt bleibt auch 2018 weiter unter Druck: Einen 60-prozentigen Rückgang der weltweiten Wirbeltierbestände seit 1970 stellt der Living Planet Report 2018 der Naturschutzorganisation WWF fest. Zu den Verlierern des Jahres zählen laut WWF Deutschland Tapanuli-Orang-Utan, Flussdelfine im Amazonas, Land- und Süßwasserschildkröten und die Mongolischen Saiga-Antilopen. Aber auch der Ostsee-Hering. Insgesamt verbucht die Internationale Rote Liste der Weltnaturschutzunion IUCN mittlerweile fast 27.000 Tier- und Pflanzenarten als bedroht. Das ist neuer Negativrekord und betrifft fast 30 Prozent aller untersuchten Arten. „Die Klimakrise, Lebensraumzerstörung, Wilderei oder immer mehr Plastikmüll in den Ozeanen: Der Mensch verursacht gerade das größte, globale Artensterben seit Verschwinden der Dinosaurier. Wir sägen am Ast, auf dem wir sitzen. Der Mensch ist Teil der Natur. Ohne vielfältige, vitale Ökosysteme können wir nicht überleben“, warnt WWF-Vorstand Eberhard Brandes zum Jahreswechsel.

Doch es gibt auch Hoffnung. Dank Fangverboten und weiterer Schutzmaßnahmen konnten sich Finnwale und die Westpazifischen Grauwale erholen. In Nepal hat sich die Zahl der Tiger beinahe verdoppelt. Es gibt wieder mehr Berggorillas, und Bienenfresser breiten sich in Deutschland aus. Dank aufwendiger Ansiedlungsprojekte kehren Waldrapp und Tüpfelbeutelmarder in ursprüngliche Lebensräume zurück. „Allein dass es trotz weltweitem Artenschwund auch Gewinner gibt, zeigt: Natur- und Artenschutzmaßnahmen können funktionieren. Es braucht mehr davon. Der Mensch verursacht nicht nur das Problem, sondern hält auch den Schlüssel für die Lösung in den Händen“, so Brandes.

Verlierer 2018:

Hering der westlichen Ostsee: Lange galt der Bestand in der westlichen Ostsee als „Brotfisch“ der deutschen (Küsten)Fischerei. Doch inzwischen ist dieser Bestand förmlich eingebrochen. Grund sind neben dem hohen Fischereidruck auch schlechte Nachwuchsjahrgänge, die vermutlich auf klimawandelbedingte Veränderungen der Ostsee zurückzuführen sind. Der Hering wird damit zu einem Symbol der Klimakrise und ihren ökologischen wie ökonomischen Folgen.

Tapanuli-Orang-Utan: Der Tapanuli-Orang-Utan, der erst 2017 als eigene Art beschrieben wurde, ist mit nur noch 800 Tieren auf Sumatra die seltenste Menschenaffen-Art der Erde. Plantagen, Goldminen und ein geplanter Mega-Staudamm nagen am verbliebenen Lebensraum von rund 1.000 Quadratkilometern, der damit nur wenig größer als Berlin ist.

Land- und Süßwasserschildkröten: Schildkröten bevölkerten die Erde schon vor über 200 Millionen Jahren und überlebten das letzte große Massenaussterben zur Zeit der Dinosaurier. Heute ist die Hälfte der bekannten Spezies laut einem aktuellen Bericht bedroht. Ganz oben die Yangtze-Riesenweichschildkröte. Nur noch drei Tiere gibt es weltweit. Nun scheint sich das Schicksal von „Lonesome George“ zu wiederholen.

Mongolische Saiga-Antilope: Anfang 2017 fielen Tausende Mongolische Saiga-Antilopen einer Seuche zum Opfer. Der vergangene harte Winter schwächte die Bestände abermals. Nach Schätzungen des WWF streiften statt der ehemaligen 11.000 Tiere im Oktober 2016 lediglich noch 3.000 Antilopen im Mai 2018 durch die Steppe.

Amazonas-Flussdelfin: Es wurde immer offensichtlicher, dass die Flussdelfine vom Amazonas fortwährend seltener wurden, doch bisher fehlten konkretere Daten. Mit der Roten Liste 2018 herrscht Gewissheit: Die Delfine gelten nun offiziell als stark gefährdet. Die Weltnaturschutzunion prognostiziert einen weiter anhaltenden Bestandsrückgang.

Nördliches Breitmaulnashorn: Sudan, das letzte männliche Nördliche Breitmaulnashorn, ist im März 2018 gestorben. Es gibt nur noch zwei weitere, nicht fortpflanzungsfähige Weibchen. Damit ist diese Art de facto ausgestorben. Letzter Hoffnungsschimmer besteht in der Anzucht von Embryonen im Labor, die von Leihmüttern der südlichen Unterart ausgetragen werden sollen.

Gewinner 2018:

Tiger in Nepal:“Tx2″ (Tiger mal zwei) ist das ambitionierte Ziel der 13 Tigerstaaten, die Zahl der Großkatzen in freier Wildbahn bis 2022 zu verdoppeln. Nepal hat das nach aktueller nationaler Bestandszählung fast erreicht. 2009 streiften dort rund 120 Tiger durch die Wildnis. Nun sind es bereits 235. Insgesamt muss man sich aber weiterhin um die weltweiten Tigerbestände sorgen. Wilderei und Lebensraumverlust bleiben ein Problem, dazu kommen steigende Konflikte zwischen Menschen und Tigern.

Bienenfresser in Deutschland: Jahr für Jahr pendelt der Bienenfresser zwischen Afrika und Europa. Früher in Deutschland noch extrem selten, wandert der Vogel jetzt verstärkt aus dem Mittelmeerraum nach Deutschland ein. Er ist ein Profiteur der Klimakrise. Heute brüten hierzulande mehr als 2.000 Paare. Doch seine enge Bindung an gefährdete Lebensräume sowie das große Insektensterben könnten den Höhenflug des Vogels jäh bremsen.

Tüpfelbeutelmarder: Vor etwa 50 Jahren starb die Art auf dem australischen Festland aus, überlebte nur in Tasmanien. Der WWF startete mit weiteren Partnern ein Zucht- und Rückkehr-Projekt. Im März 2018 war es soweit: 20 Tüpfelbeutelmarder wurden in einem Nationalpark im Südosten Australiens frei gelassen. Im Sommer gab es erstmals Nachwuchs.

Berg-Gorillas: Es geht bergauf mit dem Berggorilla. 2018 steigt die Gesamtzahl der sanften Riesen auf mehr als 1000 Individuen. In einer aktuellen Bestandsuntersuchung zählten Wissenschaftler nun 604 Berg-Gorillas in den Bergwäldern rund um den Nationalpark Virunga. Eine Bestandszunahme von 26 Prozent in diesem wichtigen Rückzugsgebiet seit 2010. Doch Wachsamkeit tut not: Wilderei, Krankheiten und Klimawandel bedrohen die haarige Verwandtschaft. Und über allem schwebt das Damoklesschwert der geplanten Ölförderung im Virunga-Nationalpark.

Finn- und Westpazifische Grauwale: Der westliche Bestand des Grauwals hat sich laut Internationaler Roter Liste von „Vom Aussterben bedroht“ auf „Stark Gefährdet“ verbessert. Der Bestand bleibt jedoch mit geschätzten 100 bis 150 Tieren nach wie vor sehr klein. Auch dem Finnwal geht es besser: Seit den 1970er Jahren hat sich die Zahl der bis zu 27 Meter langen Tiere auf etwa 100.000 etwa verdoppelt. Zurückzuführen ist diese gute Nachricht auf Fangverbote und Lebensraumschutz. Folgerichtig entschied sich die Staatengemeinschaft auf der Tagung der Internationalen Walfangkommission 2018 auch gegen einen Antrag Japans, das Jagdmoratorium zu lockern.

Waldrapp: Der Waldrapp ist einer der seltensten Vögel der Welt und war in Mitteleuropa ausgerottet. In einem Wiederansiedlungsprojekt werden „Ziehkinder“ aus Deutschland von einem Ultraleichtflugzeug in ihr Winterquartier gelotst. Fast alle Waldrappe schafften die beschwerliche Reise in die Toskana. Auch ihren komplett wilden Verwandten in Marokko, die solche Schützenhilfe nicht nötig haben, geht es besser.

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