Der Einfluss von Interessensgruppen auf die Politik beeinflusst nicht nur das Ambitionsniveau von Klimapolitik, sondern erodiert vor allem die Glaubwürdigkeit langfristig angelegter Politikmaßnahmen wie etwa steigender CO2-Preise. Im Tauziehen um die Energiewende, in der die Vertreter der fossilen und erneuerbaren Energiewirtschaft für ihre jeweiligen Interessen kämpfen, tendieren Regierungen daher entweder zum Status quo oder zu extrem hohen CO2-Preisen. Die Landbesitzer könnten dabei das Zünglein an der Waage sein und eine ambitionierte Klimapolitik durchsetzen.
Eine entsprechende mathematisch fundierte Analyse haben Forscher des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change) jetzt in der renommierten Fachzeitschrift Journal of Environmental Economics and Management veröffentlicht. Anders als im umweltpolitischen Standardmodell wird dabei unterstellt, dass Regierungen unter anderem nach maximalen Einnahmen streben, ihre Abgabenpolitik deshalb im Lichte der Erfahrungen verändern – und dass diese Abgabenpolitik von den Investoren im Voraus durchschaut und einkalkuliert wird.
„Ausgangspunkt unserer Studie ist die Überlegung, dass einmal getätigte Investitionen nicht mehr rückgängig gemacht werden können“, erläutert Matthias Kalkuhl, Leitautor der Studie und Leiter der Arbeitsgruppe Wirtschaftswachstum und menschliche Entwicklung. „Deshalb kann es für die Regierung attraktiv sein, eine einmal angekündigte Politik im Nachhinein zu verändern. Die Investoren bleiben dann im Zweifel auf sogenannten stranded assets sitzen, also verlorenen Investitionen – doch die Regierung vermehrt auf diese Weise ihre Einnahmen oder auch Gewinne für bestimmte Interessengruppen.“
Darauf wiederum könnten sich die Investoren, wenn sie intelligent agieren, von vorneherein einstellen. „Wenn man diese Konstellation spieltheoretisch durchrechnet, schlägt das Pendel entweder nach links oder nach rechts aus“, berichtet Jan Steckel, Ko-Autor der Studie, und ergänzt: „Eine Steuer auf kohlenstoffintensive Investitionen wäre weniger anfällig für klimapolitische Kehrtwenden als eine Steuer auf Emissionen.“
Die MCC-Studie zeigt auch, dass die politische Kraft der Landbesitzer den Ausschlag geben kann. „Landbesitzer profitieren von Klimapolitik in erheblichem Umfang“, erklärt Ottmar Edenhofer, MCC-Direktor und ebenfalls Ko-Autor der Studie. „Bioenergie, Windräder und Solaranlagen benötigen viel Land und erhöhen damit die Pachterlöse. Gleichzeitig schädigt der Klimawandel den Wert ihres Eigentums, weil die landwirtschaftlichen Erträge sinken.“ Die politische Kraft der Landbesitzer könnte daher der Klimapolitik zu ihrem Durchbruch verhelfen.
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