Laut einer von Forschern der „Princeton University“ durchgeführten Studie stellt die Kleinbäuerliche Landwirtschaft eine erhebliche Bedrohung für die Artenvielfalt in den Wäldern des westlichen Amazonas im Nordosten Perus dar. Diese Region weist eine der größten Artenvielfalten auf der Erde auf. Im südöstlichen Amazonasgebiet treiben großflächige, mechanisierte Landwirtschaft und Viehzucht den Waldverlust voran, aber die Brandrodung von Kleinbauern ist der Haupttreiber der Waldzerstörung im westlichen Amazonasgebiet, das als die größte intakte Tropenwaldwildnis der Erde gilt. Kleinbetriebe in der Landwirtschaft werden im Allgemeinen als weitaus weniger schädlich für wild lebende Tiere angesehen als die Abholzung und Umwandlung von Wäldern in Weideland oder Ackerland. Die im Mai in der Zeitschrift „Conservation Biology“ veröffentlichte Studie zeigt jedoch, dass die in diesem Bereich tätigen Kleinbauern einen wesentlichen negativen Einfluss auf die Tier- und Pflanzenwelt haben.
Die Studie untersucht die Artenzusammensetzung und Verbreitung von Vögeln und Bäumen im Amazonasgebiet des peruanischen Departements Loreto. Hauptautor Jacob Socolar ist ein Vogelexperte, der die Forschung als Ph.D. Student im Labor von David Wilcove, Professor für Ökologie und Evolutionsbiologie in Princeton (Co-Autor der Studie), durchgeführt hat. Socolar und Wilcove untersuchten zusammen mit Elvis Valderrama Sandoval, Botaniker an der „Universidad Nacional de la Amazonía“ in Peru vier Lebensraumtypen, in denen kleinräumige Brandrodung betrieben wird: Hochlandwälder, Auwälder, Weißsandwälder und Flussinseln – und verglichen ihre Ergebnisse in diesen Gebieten mit relativ unberührten Primärwäldern.
„Wir wollten wissen, wie die tropische Artenvielfalt auf die Kleinbäuerliche Landwirtschaft in den unterschiedlichsten Waldlebensräumen reagiert, die für tropische Waldlandschaften typisch sind und der westliche Amazonas ist ein guter Ort, um diese Fragen zu stellen“, promovierte Socolar. „Wir haben die Studie ‘Übersehener Verlust der biologischen Vielfalt‘ genannt, weil die Situation auf der Landschaftsebene schlimmer ist, als wir gedacht hätten“, fügte er hinzu. Mit bioakustischen Aufzeichnungen und visuellen Beobachtungen zeichneten die Forscher 455 Vogelarten in ihren Untersuchungsgebieten auf (und machten es damit zu einem der „reichsten Einzelbeobachter-Punktezählungsdatensätze, die je für Vögel erstellt wurden“, so die Forscher in der Studie). Das Team identifizierte auch 751 Baumarten im Verlauf ihrer Feldarbeit. Aber es waren die unterschiedlichen Reaktionsmuster von Vögeln und Bäumen auf die kleinbäuerliche Landwirtschaft, die zu einem bestimmenden Merkmal der Studie wurden.
Die Forscher fanden zahlreiche Vogelarten in Gebieten, die durch Brandrodung zerstört worden waren – in einigen Fällen waren in diesen landwirtschaftlich genutzten Gebieten sogar noch mehr Arten vorhanden als in vergleichbaren Gebieten mit intaktem Wald. Nachdem jedoch alle Beobachtungen ausgewertet und analysiert worden waren, wurde festgestellt, dass in intakten Gebieten wesentlich mehr Vogelarten als in landwirtschaftlichen Gebieten leben. Zerstörte Gebiete wurden nach Angaben von Socolar und Team nur von einer begrenzten Anzahl von Arten genutzt, wohingegen die Artenzusammensetzung an intakten Standorten in den verschiedenen untersuchten Waldlebensraumtypen variierte, was dazu führte, dass insgesamt eine viel höhere Anzahl von Arten in diesen Gebieten vorhanden war.
Socolar und Co-Autoren stellen in der Studie fest, dass diese Biodiversitätsverluste nicht entdeckt worden wären, wenn sie sich nicht auf mehrere Lebensraumtypen konzentriert hätten: „Diese Gesamtverluste sind für Studien, die sich ausschließlich auf Hochlandwälder (Terra Firme) konzentrieren, unsichtbar“. Das Team fand eine weitaus weniger differenzierte Reaktion der Bäume auf die kleinbäuerliche Landwirtschaft. Ihre Beobachtungen zeigten – vielleicht nicht überraschend – dass auf gerodetem Land weit weniger Baumarten als in intakten Wäldern existieren. Die Forscher vermuten, dass weniger Baumarten an gestörten Standorten auch weniger Insekten und andere Kleintiere bedeuten, was schwerwiegende Folgen für das gesamte Ökosystem der Region hätte.
„Die kleinbäuerliche Landwirtschaft stellt eine sehr ernste Bedrohung für die Artenvielfalt dar, da sie sich eher darauf auswirkt, die Wälder für Viehweiden zu roden, als wir es uns vorgestellt hatten“, sagte Wilcove in einer Erklärung . „Was noch schlimmer ist, ist, dass die kleinbäuerliche Landwirtschaft die vorherrschende Form der Landnutzungsänderung im westlichen Amazonasgebiet ist und sich in den kommenden Jahrzehnten wahrscheinlich weiter ausbreiten wird.“
Die Forscher sagen, dass ihre Ergebnisse wichtige Auswirkungen auf die Naturschutzpolitik im westlichen Amazonasgebiet haben. Ein potenziell verschärfender Faktor für den Verlust der biologischen Vielfalt durch kleinbäuerliche Landwirtschaftsbetriebe könnte der Bau neuer Straßen sein. Die Autoren zitieren das Beispiel der interozeanischen und transamazonischen Autobahnen Perus und Brasiliens, die „eine rasche Expansion der Kleinbauern entlang ihrer Routen förderten“ und stellen fest, dass „Pläne existieren, die den straßensperrenden Charakter eines Großteils des peruanischen Amazonas dramatisch verändern würden. Darüber hinaus wird der größte Teil des westlichen Amazonasgebiets durch Kohlenwasserstoffkonzessionen abgedeckt, deren Erschließung den Siedlern einen zusätzlichen Straßenzugang verschaffen würde.
Die Ergebnisse der Studie könnten dazu beitragen, die Auswirkungen der künftigen Entwicklung in der Region abzuschwächen, schreiben die Forscher in der Studie: „Insgesamt zeigen unsere Ergebnisse, dass der weitere Ausbau der Kleinbauernwirtschaft die biologische Vielfalt im westlichen Amazonasgebiet erheblich beeinträchtigen wird. Im Kontext einer der intaktesten und am dünnsten besiedelten tropischen Waldlandschaften der Erde sind wir jedoch optimistisch, dass proaktive Planung die regionale Artenvielfalt sinnvoll erhalten kann“. Der Schlüssel, so die Forscher, wird darin bestehen, sicherzustellen, dass Maßnahmen zur Förderung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft im westlichen Amazonasgebiet so umgesetzt werden, dass die Ausweitung der Waldumwandlung begrenzt und nicht gefördert wird.
„Auch wenn die kleinbäuerliche Landwirtschaft eine hohe Artenvielfalt auf kleinräumigem Maßstab unterstützt, können/dürfen wir die Wachsamkeit in Bezug auf die allgemeine Bedrohung durch die Expansion der kleinbäuerlichen Landwirtschaft nicht verlieren“, so Socolar. „Wenn wir das tun, zahlen wir einen Preis für das Aussterben. Wir möchten, dass diese Studie als größere Warnung dient. Es ist wahrscheinlich nicht nur ein Zufall des Amazonas – diese Erkenntnisse könnten sich auch auf andere Lebensräume erstrecken. Wir können uns glücklich schätzen, an einem Ort zu arbeiten, an dem es noch viel Land für Landwirtschaft und Naturschutz gibt. Proaktiv zu sein ist möglich, moralisch und vernünftig“.
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