Zehn Jahre nach dem verheerenden Erdbeben in Haiti mit nach offiziellen staatlichen Angaben mehr als 300.000 Todesopfern gerät das Land trotz umfassender internationaler Hilfe in eine immer gravierendere humanitäre, ökonomische und politische Krise. MISEREOR fordert die Bundesregierung und die EU dazu auf, dem Karibikstaat mehr Aufmerksamkeit zu schenken und dem Geschehen nicht tatenlos zuzuschauen. „In Haiti wächst die Gefahr eines Bürgerkriegs“, warnt MISEREOR-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel. „Unsere Partner wundern sich über das Schweigen in Europa. Sie fragen sich, warum die Internationale Gemeinschaft den haitianischen Präsidenten Jovenel Moise weiterhin unterstützt – trotz zahlreicher von ihm zu verantwortender Menschenrechtsverletzungen und staatlicher Gewalt gegen Demonstranten mit Toten und Verletzten.“
Seit Monaten sei das wirtschaftliche und soziale Leben auf der Insel weitgehend gelähmt, so Spiegel. Schulen bleiben geschlossen, es gibt im ganzen Land, auch in der Hauptstadt, nur wenig Zugang zu sauberem Trinkwasser, der Müll wird nicht ausreichend entsorgt und die meisten Krankenhäuser sind kaum noch in der Lage, Patienten angemessen zu behandeln. Es fehlt an Treibstoff, viele Bäuerinnen und Bauern können ihre Produkte nicht mehr vermarkten, weil es zu wenig Transportmöglichkeiten gibt.
Bevölkerung protestiert
Seit dem Sommer 2018 brachen in Haiti immer wieder Unruhen aus, es kam zu Massendemonstrationen gegen die autoritäre Politik der Regierung, die wegen des dramatischen wirtschaftlichen Niedergangs des Landes, der steigenden Lebenshaltungskosten und eines massiven Korruptionsskandals seit langem in der Kritik steht. Ein Bericht des obersten Rechnungshofes hatte gezeigt, dass die Regierung mehr als drei Milliarden Dollar aus dem venezolanischen Solidaritätsfonds Petrocaribe veruntreut hat, mit dem eigentlich die Benzinpreise in Haiti subventioniert werden sollten.
Spiegel ruft Bundesregierung und EU dazu auf, sich für einen politischen Wandel hin zu einer demokratischen, transparenten und korruptionsfreien Regierung in Haiti einzusetzen – idealerweise im Zusammenwirken mit der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS). Ebenso dürfe Bestechung auf der Insel nicht länger straffrei bleiben. Auch benötige Haiti dringend internationale Unterstützung bei der Aufstellung eines Notfallplans zur Bewältigung der humanitären Krise im Land. Seit diesem Monat gibt es in Haiti kein gewähltes Parlament mehr, der Präsident regiert per Dekret. Auch dadurch steigt die Gefahr, dass das Land künftig diktatorisch geführt wird.
Lage hat sich gravierend verschlechtert
Nach dem Beben am 12. Januar 2010 hatte MISEREOR mit insgesamt rund 16,4 Millionen Euro Nothilfe und langfristige Entwicklungsprojekte in Haiti unterstützt. Schwerpunktmäßig floss das Geld in den Bau und die Wiedererrichtung von Häusern, die widerstandsfähiger gegen Erdbeben und Wirbelstürme sind und nach wie vor Obdach bieten. Weitere Projekte dienten der Sicherung wichtiger Institutionen wie etwa eines Ausbildungsbetriebs für Straßenkinder in der Hauptstadt Port-au-Prince.
„Leider stellen wir heute fest, dass sich trotz vieler positiver Entwicklungen durch die Arbeit unserer Partnerorganisationen nach dem Erdbeben die Situation breiter Bevölkerungskreise nicht verbessert, sondern gravierend verschlechtert hat“, räumt Spiegel ein. „Haiti bleibt das ärmste Land der westlichen Hemisphäre und bedarf großer internationaler Solidarität. Lassen wir die dortigen Menschen nicht allein!“
Jetzt bin ich kein Experte für Haiti. Doch wenn ich mich zurück erinnere an vergangene Jahrzehnte, schien mir das Lang und seine Gesellschaft immer die für schwarzafrikanische Staaten typische Struktur zu haben: Ein Stamm oder eine Sippe ist an der Macht, lebst in Luxus und nimmt sich alles, der Rest der Bevölkerung zählt nicht und wird abgeschlachtet wie Vieh, wenn er denen in die Quere kommt. Das ist seit Urzeiten so, und dem „Weisen Mann“ ist es bislang nicht gelungen, daran nachhaltig etwas zum Positiven zu wenden, was er allerdings auch nicht allzu oft ernsthaft versucht hat.
Ja, das Erbeben vor 10 Jahren hat in Haiti mehr Menschenleben gefordert, als jede andere bekannte Naturkatastrophe vorher und nachher. Die offizielle Zahl von 300.000 dürfte zu niedrige sein. Ein befreundeter Arzt, der als Helfer dort war, sagte mir, bei 420.000 hätte man aufgehört, Leichen zu zählen und sie nur noch in Massengräbern beerdigt. Doch das scheint mir nicht die Hauptursache der Probleme im Lande zu sein. Ich denke, die Menschen dort müssen ihre Lebensphilosophie ändern und aufgrund dessen ihre Art zu leben. Mit Intervention oder Hilfe von Aussen allein wird da auf Dauer nichts besser.