Eine im Dezember veröffentlichte Studie der Menschenrechtsorganisation FIAN deckte auf, wie internationale Investmentfonds und Pensionskassen die Existenz ländlicher Gemeinden im Nordosten Brasiliens zerstören. In Deutschland beteiligt sich die Ärzteversorgung Westfalen-Lippe (ÄVWL) mit 100 Millionen US-Dollar an einem solchen Land-Fonds. Dieser hat alleine in Brasilien 133.000 Hektar Land aufgekauft. Die ÄVWL hatte die Recherche-Ergebnisse von FIAN zunächst als „haltlos“ zurückgewiesen. Nun bestätigen neue Veröffentlichungen eines internationalen Recherchenetzwerkes die Vorwürfe.
Nebelkerzen gegen Brände
Noch im Dezember hatte die ÄVWL die Kritik von FIAN als Profilierungsversuch einer Nichtregierungsorganisation abgetan, die auf den Zug der öffentlichen Debatte um die Waldbrände in Brasilien aufspringen will (1). Neue Recherche dokumentieren jedoch allein in August und September letzten Jahres 110 Feuer auf vier Farmen des ÄVWL-Landfonds in Brasilien. „Hier zu suggerieren, FIAN stellt aus Profilierungsinteresse falsche Zusammenhänge her, ist nicht mehr als eine Nebelkerze der Entscheidungsträger bei der Ärzteversorgung“, erklärt FIAN-Agrarreferent Roman Herre.
Kriminelle Geschäftspartner
Die neue Studie hat vor allem die ökonomischen Risiken von Landinvestitionen in der MATOPIBA-Region im Blick. Sie hat zudem die Beziehungen zwischen dem in Brasilien mehrfach verurteilten Euclides de Carli und den Farmen im Besitz des Fonds weiter erhärtet. „Schon 2016 haben wir die ÄVWL darüber informiert, dass Sie Geschäfte mit einem Landgrabber macht“, so Herre. Ein lokales Gericht schätzt, dass de Carli in Zusammenhang mit 300.000 Hektar kriminell erworbenen Landes steht. Landtitel von 124.000 Hektar wurden per Gerichtsbeschluss annulliert. Laut der neuen Studie ist beispielsweise die Farm Laranjeiras & Ludmila von einer mit de Carli in Verbindung stehenden Firma gekauft worden. Hier hatte FIAN die ÄVWL schon vor zwei Jahren auf Landkonflikte mit der lokalen Bevölkerung hingewiesen.
Fehlende Regulierung durch Aufsichtsbehörden
Die ÄVWL hat vielfach erklärt, dass eine hohe Transparenz bei den Investitionen sichergestellt sei (2). Aber auch die neue Studie bescheinigt den Land-Investitionen fehlende Transparenz. Der Fall zeigt zudem, dass die zuständige Aufsichtsbehörde, das Finanzministerium NRW, die Verstöße gegen Menschenrechte nicht im Blick hat. Völlig aus der Zeit gefallen sieht FIAN daher die Reaktion des Ministeriums, das auf Gesprächs-Anfragen bislang nicht einging. Roman Herre kommentiert: „Uns ist es schleierhaft, warum solche substantiellen menschenrechtlichen Probleme, die in Zusammenhang mit der Arbeit der Aufsichtsbehörde stehen, keine Konsequenzen haben. Zumindest müssten die Behörden das Gespräch mit Betroffenen und den Autoren der Studie suchen“.
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