Mehr als 600.000 Menschen weltweit sind bisher der Lungenkrankheit COVID-19 zum Opfer gefallen, die durch das SARS-Coronavirus-2 (SARS-CoV-2) verursacht wird. Um möglichst schnell eine wirksame Therapie für COVID-19 zu erhalten, werden derzeit Medikamente getestet, die bereits für die Behandlung anderer Erkrankungen eingesetzt werden. Die Abteilung Infektionsbiologie des Deutschen Primatenzentrums (DPZ) – Leibniz-Institut für Primatenforschung in Göttingen konnte zusammen mit Kollegen an der Charité in Berlin zeigen, dass das Malaria-Medikament Chloroquin, das nachweislich die SARS-CoV-2-Infektion von Nierenzellen von Grünen Meerkatzen (Affen) hemmt, nicht in der Lage ist, eine Infektion von menschlichen Lungenzellen mit dem neuartigen Coronavirus zu verhindern. Chloroquin wird daher die Ausbreitung des Virus in der Lunge wahrscheinlich nicht hemmen und sollte nicht für die Behandlung von COVID-19 eingesetzt werden (Nature).
Es ist bekannt, dass SARS-CoV-2 in der Lage ist, verschiedene Eintrittswege in die Wirtzellen zu nutzen. Einerseits kann das Virus nach Anlagerung an die Zellen direkt mit der Membran verschmelzen und sein Erbgut in die Wirtszelle einschleusen, andererseits kann es durch Einstülpung der Wirtszellmembran und Abschnürung von Transportstrukturen, sogenannte Endosomen, ins Innere der Zellen gelangen. In beiden Fällen wird die Anheftung des Virus an die Zellen und der nachfolgende Eintritt durch das Spike-Protein des Virus vermittelt. Dazu muss das Spike-Protein entweder durch das Enzym Cathepsin L (in Endosomen) oder durch das Enzym TMPRSS2 (an der Zelloberfläche) aktiviert werden. Je nach Zelltyp können beide Enzyme oder nur eines von ihnen zur Aktivierung zur Verfügung stehen.
Chloroquin ist ein Medikament, das zur Behandlung von Malaria eingesetzt wird. Da Chloroquin die Infektion von Affen-Nierenzellen mit SARS-CoV-2 hemmt, wurde Chloroquin als möglicher Kandidat für die Behandlung von COVID-19 in klinischen Studien getestet. Wie Chloroquin die Infektion der Affen-Nierenzellen hemmt war jedoch unklar. Die aktuelle Studie zeigt, dass Chloroquin den Virus-Eintritt in diese Zellen verhindert, wahrscheinlich durch die Hemmung von Cathepsin L. Dies warf die Frage auf, ob Chloroquin auch die Infektion von Lungenzellen hemmt, von denen bekannt ist, dass sie zwar TMPRSS2, aber nur wenig Cathepsin L produzieren.
Es konnte gezeigt werden, dass Chloroquin den SARS-CoV-2-Eintritt in menschliche Lungenzellen und die nachfolgende Ausbreitung des Virus in diesen Zellen nicht verhindert. „Wir konnten in dieser Studie zeigen, dass Chloroquin nur Zelltyp-spezifisch wirkt und die Infektion von Lungenzellen nicht blockiert. Das bedeutet, dass bei künftigen Testungen von potentiellen COVID-19-Medikamenten von Anfang an darauf geachtet werden sollte, dass relevante Zelllinien für die Untersuchungen eingesetzt werden, um nicht unnötig Zeit zu verlieren und möglichst schnell wirksame Therapeutika zu identifizieren“, sagt Stefan Pöhlmann, Leiter der Abteilung Infektionsbiologie am DPZ und fügt hinzu: „Die COVID-19 Erkrankung wird in erster Linie durch die Infektion von Lungenzellen hervorgerufen, aus diesem Grund sollten diese Zellen bei Wirksamkeitstests immer Priorität haben.“
Durchgeführt wurde die Studie in Kooperation mit der Charité in Berlin und der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
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