Die lebenslange Fußballsperre für den Präsidenten des haitianischen Fußballverbandes, Yves Jean-Bart, ist ein wichtiger Schritt, um Kinder und junge SportlerInnen vor sexuellem Missbrauch zu schützen, so Human Rights Watch. Der Entscheidung des Internationalen Fußballverbands (Fédération Internationale de Football Association, FIFA) sollten rasche Maßnahmen folgen, um weitere Täter und ihre Komplizen zu sanktionieren, strafrechtlich in Haiti und anderen betroffenen Staaten zu ermitteln und die Opfer langfristig therapeutisch zu unterstützen.
Nach Berichten von The Guardian und Human Rights Watch sowie auf Druck der haitianischen Menschenrechtsgruppen Kay Fanm, Solidarite Fanm Ayisyèn (SOFA), dem Nationalen Netzwerk für die Verteidigung der Menschenrechte (RNDDH) und anderen untersuchte die FIFA in den vergangenen sieben Monaten schwere Vorwürfe der sexuellen Belästigung und des sexuellen Missbrauchs gegen Jean-Bart, auch bekannt als „Dadou“. Die Ethikkommission der FIFA verhängte am Freitag, dem 20. November 2020, die Höchststrafe im Fußball gegen ihn.
„Die Entscheidung der FIFA ist ein Erfolg für alle mutigen Opfer von sexuellem Missbrauch und alle Zeugen, die sich gemeldet haben, um einen solchen Missbrauch anzuzeigen“, sagte Minky Worden, Direktorin für weltweite Initiativen bei Human Rights Watch. „Human Rights Watch hat dokumentiert, dass die Betroffenen persönlich bedroht oder in der Gesellschaft stigmatisiert wurden. Die Bestrafung durch die FIFA ist ein wichtiges Signal dafür, dass die Tage der Täter und Komplizen im Fußball gezählt sind.”
Jean-Bart war seit dem Jahr 2000 Präsident des haitianischen Fußballverbandes (Fédération Haïtienne De Football, FHF). Nach der Untersuchung von Beweisen für einen systematischen sexuellen Missbrauch von Spielerinnen befand die Ethikkommission der FIFA Jean-Bart für schuldig, „seine Position missbraucht und verschiedene SpielerInnen, darunter auch Minderjährige, sexuell belästigt und missbraucht zu haben“. Er ist nun in Haiti und international lebenslang vom Sport ausgeschlossen und wurde mit einer Geldstrafe von 1 Million Schweizer Franken (rund 1,1 Millionen US-Dollar) belegt. Jean-Bart kann hiergegen beim Internationalen Sportgerichtshof Berufung einlegen, und hat bereits angekündigt, dies tun zu wollen.
Opfer von sexuellem Missbrauch in Haiti sagten gegenüber Human Rights Watch, dass sie Gerechtigkeit für die Übergriffe durch den Präsidenten wollen, aber auch Sanktionen für alle Funktionäre im Fußball, die Menschenrechtsverletzungen in der nationalen Fußball-Akademie unterstützt haben oder von diesen wussten.
„Als Spielerin für Haiti habe ich mein Herz gegeben“, sagte eine Nationalspielerin gegenüber Human Rights Watch. „Ohne uns Spielerinnen gibt es kein Spiel. Ich bin so glücklich, dass Dadou seine Macht nicht mehr missbrauchen kann und uns daran hindern, unsere Träume zu verwirklichen.“
Seit Mai arbeitet Human Rights Watch mit dem internationalen Dachverband der Spielergewerkschaften FIFPro zusammen, der den Spielerinnen Anwälte und Unterstützung zur Seite stellte, bei der Befragung von Zeugen half und Beweise für systematische Menschenrechtsverletzungen im haitianischen Fußball zusammentrug. Darunter waren eingezogene Pässe von SpielerInnen, Arbeitsrechtsverletzungen, die Vorbereitung der sexuellen Ausbeutung von minderjährigen Spielerinnen und Morddrohungen gegen Zeugen und Opfer.
Jean-Bart ist seit 2000 Präsident des haitianischen Fußballverbandes und wurde im Februar für eine sechste Amtszeit wiedergewählt. Er hat öffentlich alle Anschuldigungen zurückgewiesen und sich erfolgreich darum bemüht, dass der Richter in Haiti ihn von allen Vorwürfen „freispricht“ und entlastet. Dass ein Richter diese Erklärung am Tag vor Jean-Barts lebenslangem Sperre abgab, zeugt von der Macht, die er in Haiti hat, und von der Herausforderung, der sich die Opfer im Kampf gegen ihn und seine Verbündeten stellen müssen. Im August dokumentierte Human Rights Watch Drohungen und Angriffe auf Zeugen und Informanten, die sie daran hindern könnten, Beweise für Menschenrechtsverletzungen vorzulegen.
Die FIFA signalisiert, dass weitere Sanktionen gegen Funktionäre des haitianischen Verbands, die SpielerInnen sexuell missbraucht haben oder davon wussten, demnächst folgen könnten:
„Das oben erwähnte Ethikverfahren ist Teil einer umfassenden Untersuchung, die Jean-Bart sowie andere Funktionäre innerhalb der FHF betrifft, die zwischen 2014 und 2020 mutmaßlich (als Auftraggeber, Komplizen oder Anstifter) in Fälle des systematischen sexuellen Missbrauchs von Fußballerinnen verwickelt waren. In Bezug auf andere FHF-Funktionäre ist das Verfahren noch anhängig.“
Für die FIFA ist es unerlässlich, weitere am sexuellen Missbrauch beteiligte Verantwortliche zu bestrafen und sie vom Fußball auszuschließen, sagte Human Rights Watch. Die FIFA muss eine kontinuierliche therapeutische und logistische Unterstützung der SpielerInnen garantieren sowie die Durchsetzung von Sperren und Geldstrafen.
„Neben dem Schutz von Opfern und Zeugen sollte die FIFA ihre Befugnisse ausüben, um alle Funktionäre, die in sexuellen Missbrauch verwickelt sind oder Zeugen während der Untersuchung einschüchtern oder bedrohen, zu sperren und zu bestrafen“, so Worden. „Im besten Fall bereitet Fußball jungen Menschen Freude, stärkt sie und ist gesund für sie. Die FIFA sollte ihren Teil dazu beitragen, die Sicherheit aller SpielerInnen zu gewährleisten.“
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