Am Donnerstag (10.) hat die Weltnaturschutzunion IUCN ihre Aktualisierung der Roten Liste der bedrohten Tier- und Pflanzenarten vorgestellt. Dramatisch sieht es für viele Hai- und Rochenarten aus. Viele neu aufgenommene oder zuvor nicht bewertbare Arten erhielten direkt einen Gefährdungsstatus, bereits vorhandene rutschten in kritischere Kategorien ab. Eine Hai-Art gilt nun als wahrscheinlich ausgestorben. Insgesamt haben die Experten der IUCN 128.918 Arten verschiedenster Tiere und Pflanzen hinsichtlich ihres Gefährdungsstatus untersucht, mehr als 35.500 davon gelten als bedroht. „Mit jeder Aktualisierung der Roten Liste bekommen wir den weltweiten Biodiversitätsverlust deutlicher vor Augen geführt. Trotzdem läuft die Abwärtsspirale weiter und weiter. Auch die Arten im Meer kommen durch Überfischung, Lebensraumzerstörung und Klimakrise immer mehr in Bedrängnis“, so Heike Vesper, Leiterin Meeresschutz beim WWF Deutschland. „Das größte Artensterben seit den Dinosauriern findet vor unseren Augen statt.“
Haie und Rochen gehören ganz besonders zu den Verlierern auf der Roten Liste. Mit heute über 420 hinzukommenden Bewertungen sind nun insgesamt 1194 Hai- und Rochenarten bewertet. Davon sind nun 154 Arten erneut oder neuerdings als bedroht eingestuft. Darunter befinden sich vier Hammerhai-Arten und vier Arten von Engelshaien, die stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht sind und damit zu den am stärksten bedrohten Haifamilien gehören, sowie der Riesenmantarochen, der nun ebenfalls stark bedroht ist. Seit der letzten Aktualisierung der Roten Liste für Haie und Rochen im Jahr 2014 entwickeln sich diese Knorpelfische schnell zu einer der am stärksten bedrohten Gruppen von Wirbeltieren auf dem Planeten.
„Mit dem neuen Update zeigt sich, wie schlecht es tatsächlich um Haie und Rochen steht. Viele Arten wurden bewertet, die vorher aus Datenmangel nicht bewertet werden konnten, sowie neue Arten, die jetzt erst beschrieben wurden. Daraus ergibt sich ein neues Bild: Je mehr Arten eingestuft werden, desto dramatischer wird die Lage. Bevor wir eine Chance haben, die Arten zu schützen, haben wir sie schon verloren“, so Heike Vesper. Eine erst im letzten Jahr im Museum entdeckte Hai-Art, Carcharhinus obsoletus, gilt nun als wahrscheinlich ausgestorben. Vor allem die Fischerei setzt ihnen zu, die oft Haie und Rochen nicht berücksichtigt, im Management nur als Beifangarten verwaltet und erst agiert, wenn es zu spät ist. In Küstennähe verschwinden immer mehr Speisefische, sodass auch die handwerkliche Fischerei vermehrt auf Haie und Rochen zurückgreift, häufig ohne jegliche Regulierungen.
„Das heutige Update der Roten Liste und auch der aktuelle Living Planet Report des WWF zeigen, dass es um die biologische Vielfalt noch nie so schlecht bestellt war wie heute. Die Meere werden von Überfischung, Umweltverschmutzung und zerstörerische Küstenentwicklung bedroht, dazu kommen die Auswirkungen der Klimaerhitzung. Wir brauchen dringend wirksame Schutzmaßnahmen und ein besseres Fischereimanagement, um die Arten vor dem Verschwinden zu retten“, drängt Heike Vesper.
Darüber hinaus fordert der WWF wirksame Fischerei-Kontrollen und verbindliche Fangquoten. Schädliche Fischereisubventionen müssen beendet und destruktive Fischereipraktiken, die Küsten- und Bodenlebensräume zerstören, verboten werden. Um besonders sensible marine Ökosysteme zu retten, fordert der WWF, 30 Prozent der Ozeane bis 2030 unter Schutz zu stellen.
Zum Hintergrund:
Die Rote Liste ist ein Indikator für den Zustand der Biodiversität. Herausgegeben wird die Internationale Rote Liste in regelmäßigen Abständen von der Weltnaturschutzunion IUCN. Experten werten dazu auf wissenschaftlichen Grundlagen alle relevanten und zugänglichen Daten aus. Die Darstellung in Gefährdungskategorien stellt die komprimierteste Form der naturwissenschaftlichen Analyse dar.
Leider kein Kommentar vorhanden!