Um auf das Schicksal von mehr als 1,4 Milliarden Menschen in rund 150 Ländern aufmerksam zu machen, findet am 30. Januar zum zweiten Mal der Welttag gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten (Neglected Tropical Diseases – NTDs) statt. Die Else Kröner-Fresenius-Stiftung (EKFS) fördert eine Reihe von Projekten, die sich der Bekämpfung der NTDs widmet. So hat sie ein Projekt zur Eliminierung der afrikanischen Schlafkrankheit (Human African Trypanosomiasis – kurz HAT) mit dem Else Kröner Fresenius Preis für Medizinische Entwicklungszusammenarbeit 2020 ausgezeichnet. Im Gegensatz zu Krankheiten wie Malaria, Tuberkulose oder HIV/AIDS finden die vernachlässigten Tropenkrankheiten nur wenig Beachtung in der Forschung und Bekämpfung. Sie haben meist infektiöse Ursachen und treffen häufig gerade den ärmsten Teil der Bevölkerung in Entwicklungsländern. Auch Chagas, eine weitverbreitete Krankheit – vor allem in Lateinamerika –, ist eine der 20 vernachlässigten Tropenkrankheiten.
Laut WHO sind rund acht Millionen Menschen weltweit von Chagas betroffen. 65 bis 100 Millionen leben mit dem täglichen Risiko einer Infektion. Weniger als ein Prozent der Betroffenen erhalten eine Therapie. Durch Migration, Kriege, Flucht und andere Ursachen hat sich Chagas auch in den USA, in Kanada, in vielen europäischen Ländern und im West-Pazifik ausgebreitet. Dadurch ist Chagas zu einem globalen Gesundheitsproblem geworden. Die Krankheit wird durch Raubwanzen, aber auch von Mutter zu Kind, durch Bluttransfusionen, kontaminierte Lebensmittel oder Organtransplantationen übertragen. Nach einer akuten Phase, die grippeähnliche Symptome hat, folgt die chronische Phase. Während dieser entwickeln 30 bis 40 Prozent der Patienten schwere Schädigungen am Herzen, Magen-Darm-Trakt und/oder dem Nervensystem. Vor allem bei jungen Menschen kommt es dadurch zum vorzeiten Tod. Häufig sind vor allem vulnerable Gruppen, wie die indigene Bevölkerung Kolumbiens, davon betroffen.
Die Eindämmung dieser Krankheit hat sich das Missionsärztliche Institut Würzburg unter der Federführung von Dr. Simone Kann zum Ziel gesetzt. Mit der Unterstützung der EKFS konnte ein umfangreiches und ganzheitliches Programm etabliert werden. Im Fokus standen dabei vier Dörfer der Wiwa, eines indigenen Volks, das im Nord-Osten der Sierra Nevada de Santa Marta lebt. „Um die Situation zu verbessern, verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz, der die gesamte medizinische Versorgung, die Überwachung betroffener Gebiete, die Fort- und Weiterbildung sowie wichtige Forschungsfragen beinhaltet”, erläutert Dr. Simone Kann.
Neben der Untersuchung und Behandlung der erkrankten Menschen wurden auch indigene Multiplikatoren und Insektizid-Sprayer (zur Bekämpfung der Überträgerwanzen in den Häusern) ausgebildet. Für die Bevölkerung der Wiwa-Dörfer fand außerdem eine Aufklärungskampagne über Chagas und allgemeine Hygiene statt. Um die Nachhaltigkeit des Projekts zu garantieren, wurde vor Ort klinisches und Laborpersonal ausgebildet. Darüber hinaus wurde ein Labor für molekulare Chagas-Diagnostik ausgestattet und Lobbyarbeit bei lokalen und nationalen Gesundheitsbehörden für eine effektivere Bekämpfung der Krankheit betrieben. „Basierend auf unserem Vorprojekt ist es erstmalig gelungen, alle zuständigen Behörden, Organisationen und Betroffene in diesem Projekt zu vereinen, sodass eine nachhaltige Verbesserung der Gesundheit- und der Gesundheitsstrukturen erreicht werden kann“, betont Dr. Kann.
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