Tausende Migranten auf dem Weg in die USA sind im Grenzgebiet zwischen Guatemala und Mexiko gestrandet. In jüngster Zeit fände eine regelrechte „Menschenjagd“ auf Zuwanderer durch das Militär statt, kritisiert Bischof Jaime Calderón Calderón aus Tapachula in einer Presseaussendung, die dem weltweiten päpstlichen Hilfswerk „Kirche in Not“ vorliegt. Die Diözese Tapachula befindet sich im äußersten Süden Mexikos und ist für viele Migranten aus Chile, Brasilien, Kolumbien, Haiti und anderen lateinamerikanischen Staaten eine Durchreisestation auf dem Weg in die Vereinigten Staaten. Vor allem die Zahl der Migranten aus Haiti habe drastisch zugenommen, berichtet der Bischof. Die Menschen dort leiden unter den Folgen eines schweren Erdbebens Mitte August. Seit Jahren befindet sich Haiti in einer politischen Krise; diese hat sich nach der Ermordung von Präsident Jovenel Moïse im Juli nochmals verschärft. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind rund ein Drittel der knapp zwölf Millionen Haitianer von extremer Armut und Hunger betroffen.
„Qualvolle Tortur“
Zur Zuspitzung der Lage an der südmexikanischen Grenze habe auch die Corona-Krise beigetragen, berichtet Bischof Calderón: „Bis dahin waren die Grenzen offen. Die Regierung hat die Migranten sehr respektvoll behandelt.“ Infolge der Krise aber hätten die Menschen monatelang festgesessen: „Es begann für sie eine qualvolle Tortur aus Hunger, Enge durch Überbelegung der Quartiere, Drogenkonsum, Krankheiten und allgemeiner Verzweiflung.“ Die humanitäre Lage verschärfe sich zusehends, Menschenhandel und Kriminalität nähmen dramatisch zu. Im Frühherbst hätten einige der Migranten begonnen, aus dem Grenzgebiet ins Landesinnere zu ziehen. Um dies zu verhindern, habe das Militär regelrechte „Menschenjagden“ veranstaltet, prangert Calderón an: „Dabei wurden die Menschen in Angst und Schrecken versetzt, in Hinterhalte gelockt und brutal voneinander getrennt.“
Militär geht auch gegen kirchliche Schutzeinrichtungen vor
Ordnungskräfte hätten auch vor kirchlichen Schutzeinrichtungen nicht haltgemacht, berichtet der Bischof. So seien bewaffnete Einheiten in den Vorhof der Pfarrkirche von Mapastepec eingedrungen und hätten 56 Migranten herausgeholt, die dort Unterschlupf gefunden hatten. Er sei sich dessen bewusst, dass „hinter diesen Karawanen eine Vielzahl von Interessen und Organisationen stehen, die aus der Migration eine regelrechte ,Industrie’ gemacht haben, um sich zu bereichern“, hob der Bischof hervor. Das rechtfertige jedoch nicht den Einsatz von Gewalt. Um das Leid der Migranten zu lindern, hat die Diözese Tapachula das Programm „Unser täglich Brot“ ins Leben gerufen. Flüchtlinge erhalten in den Pfarrgemeinden Lebensmittelpakete, Medikamente und seelsorgerische Unterstützung. „Damit wollen wir die Last des Kreuzes unserer Migranten-Brüder und -Schwestern erleichtern“, teilte Calderón mit.
Die dramatische Lage in Tapachula war erst der Anfang einer Entwicklung, die sich mittlerweile auf ganz Mexiko ausgeweitet hat. Vor allem an der Grenze zum US-Bundesstaat Texas kam es zu dramatischen Szenen, als tausende Haitianer an der Einreise gehindert wurden. Viele dieser Menschen halten sich nun in der nordmexikanischen Region Monterrey auf. Die katholische Erzdiözese dort betreibt unter anderem ein Camp für rund 1500 Migranten.
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