Da sich Cannabis immer mehr wie ein landwirtschaftlicher Rohstoff verhält, findet ein Wettlauf um das beste Anbauklima zu den niedrigsten Kosten statt. In Südamerika kristallisiert sich ein neuer Kandidat heraus: Paraguay. Der Exporteur von medizinischem Cannabis „CPlant Schweiz“ plant Anfang 2022 einen lizenzierten Produzenten in Paraguay zu erwerben, um THC-reiche Blüten und Extrakte für das Schweizer Labor des Unternehmens zu produzieren. Wenn laut dem Vorstandsvorsitzenden Lucas Crivilone die Cannabispreise weiter fallen, könnte „CPlant“ den Großteil seines Anbaus von Uruguay nach Paraguay verlagern, wo die Betriebskosten um fünfzig Prozent niedriger sind. „Wenn die paraguayischen Vorschriften für uns funktionieren und die Marktpreise es uns erlauben, in Paraguay eine wesentlich höhere Gewinnspanne zu erzielen als in Uruguay, würden wir versuchen, unseren Anbau in Paraguay zu betreiben“, sagte Crivilone in einem Interview.
Laut der Beratungsfirma „Prohibition Partners“ müssen sich die Cannabisexporteure wahrscheinlich auf mehrere Jahre fallender Preise einstellen, da immer mehr Billigprodukte aus dem Mittelmeerraum und den Ländern der südlichen Hemisphäre auf den Markt kommen. Der Preisdruck könnte mehr Unternehmen dazu veranlassen, nach günstigen Anbaugebieten mit niedrigen Betriebskosten zu suchen. Ein Beispiel dafür ist Paraguay, das 2017 medizinisches Cannabis legalisiert hat. Die günstigen Elektrizitätskosten, die niedrigen Löhne und die etablierte Pharmaindustrie geben dem Land die Chance, mit pot-freundlichen Ländern wie Kolumbien und Uruguay zu konkurrieren. Die Marihuanaproduktion für medizinische Zwecke ist derzeit auf zwölf lokale Investoren beschränkt, die 2020 Lizenzen erhalten haben. Drei dieser Unternehmen liefern bereits CBD-Öl und Kapseln an Apotheken und das paraguayische Gesundheitsministerium, so María Mercedes da Silva, die das medizinische Cannabisprogramm des Landes koordiniert.
„CPlant“ plant, im nächsten Jahr sowohl in Uruguay als auch in Paraguay mit dem Anbau höherpreisiger Blüten zu beginnen, die reich an THC, dem psychoaktiven Bestandteil von Marihuana, sind. In Uruguay produziert das Unternehmen bereits Cannabis für CBD, eine Substanz, die als therapeutisch wirksam angepriesen wird. Bis 2024 könnte „CPlant“ in Paraguay bis zu fünf Hektar THC-reiche Blüten anbauen. Die Umstellung auf THC erfolgt in dem Maße, wie die Preise für CBD-Produkte fallen. Crivilone geht davon aus, dass die Preise für CBD-Blüten in der Europäischen Union in diesem Jahr um etwa zwanzig Prozent sinken werden, während sie derzeit zwischen dreihundert und siebenhundert US-Dollar pro Kilogramm liegen. Im Jahr 2021 sind die Preise für CBD-Blüten im Vergleich zum Vorjahr bereits um zwanzig Prozent gesunken. Crivilone rechnet damit, in Uruguay in diesem Jahr fünfzehn bis fünfundzwanzig Tonnen zu produzieren, gegenüber etwa neun Tonnen im Jahr 2021. Der Umsatz wird sich aufgrund neuer Produkte und höherer Produktion auf acht Millionen US-Dollar mehr als verdoppeln.
„CPlant“ wurde 2018 von den argentinischen Unternehmern Crivilone und Husni gegründet und versendet getrocknete CBD-reiche Blüten per Luftfracht an ein Labor in der Schweiz, wo sie zu verpackten Produkten für den Verkauf an Händler in Lateinamerika und der EU verarbeitet werden. „Prohibition Partners“ prognostiziert, dass der Umsatz mit medizinischem Cannabis in Europa im Jahr 2026 fast 2,6 Milliarden US-Dollar erreichen wird, gegenüber geschätzten zweihundertsiebzig Millionen US-Dollar im Jahr 2021.
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