Tropische Trockenwälder sind einzigartige Ökosysteme, die jedoch weltweit zunehmend bedroht sind. Mit Hilfe eines neuen Ansatzes zur Beschreibung von Entwaldungsprozessen auf Basis von Satellitenbildern fand ein internationales Forscher:innen-Team heraus, dass seit 2000 mehr als 71 Millionen Hektar tropischer Trockenwälder verloren gegangen sind — insbesondere in Südamerika und Asien. Die bisher umfassendste globale Bewertung der Entwaldungsprozesse in den Trockenwäldern der Welt zeigt: Ein Drittel der verbleibenden Trockenwälder ist bedroht, da diese in Regionen liegen, in denen die Abholzung besonders rasch voranschreitet. In Afrika sind Trockenwälder zwar noch vergleichsweise intakt, jedoch fanden die Forscher:innen auch dort viele Regionen, in denen Rodungsprozesse kürzlich begonnen haben. Die Ergebnisse ihrer Studie veröffentlichten die Forscher:innen des Geographischen Instituts der Humboldt-Universität zu Berlin und des Earth and Life Institute der belgischen Université Catholique de Louvain nun in der Fachzeitschrift Nature Sustainability.
Unter Verwendung von hochauflösenden Datensätzen zum Waldverlust während des Zeitraums von 2000 bis 2020 analysierte das Team die räumlichen und zeitlichen Muster der Entwaldung tropischer Trockenwälder auf einer Fläche von mehr als 18 Millionen Quadratkilometern. „Die wichtigste Innovation unserer Studie besteht darin, dass wir eine Methodik entwickelt haben, die den Entwaldungsprozess detailliert beschreibt“, erklärt Tobias Kümmerle, Professor am Geographischen Institut der Humboldt-Universität. „Wir können nun beispielsweise viel besser erkennen und kartieren, wo sich die Entwaldung beschleunigt oder verlangsamt, ob sie zu fragmentierten Landschaften führt oder ob Wälder ganz verloren gehen.“
Hotspots der Entwaldung in Südamerika und Asien
Die Ergebnisse sind alarmierend. Seit dem Jahr 2000 wurden mehr als 71 Millionen Hektar Trockenwald vernichtet, eine Fläche, die etwa zweimal so groß ist wie Deutschland. Viele Hotspots der Entwaldung konzentrieren sich in Südamerika, etwa im Gran Chaco in Argentinien, Paraguay und Bolivien oder in der Cerrado-Region in Brasilien, sowie in Asien, etwa in den Trockenwäldern von Kambodscha, Laos und Vietnam. „Besorgniserregend ist auch, dass wir feststellen mussten, dass ein Drittel aller verbleibenden Trockenwälder in Gebieten liegt, in denen bereits Abholzung stattfindet“, betont Matthias Baumann, einer der Mitautoren der Studie. „Wir werden viele dieser einzigartigen Wälder in naher Zukunft verlieren, wenn wir sie nicht besser schützen.“
Ein großer Teil der Abholzung geschieht durch die Ausbreitung der industriellen Landwirtschaft. „Überraschenderweise fanden wir heraus, dass 55% der Trockenwaldregionen, in denen Abholzungsprozesse erst kürzlich begonnen haben, in Afrika zu finden sind“, betont Patrick Meyfroidt, ein weiterer Mitautor der Studie, und fügt hinzu: „Wir können davon ausgehen, dass sich die landwirtschaftliche Expansion dort in Zukunft stark beschleunigen wird, da viele globale Produzenten ein Auge auf diese Regionen geworfen haben. Wenn wir Afrikas Trockenwälder und Savannen schützen wollen, ist es jetzt an der Zeit zu handeln.“
Trockenwälder ebenso stark bedroht wie Regenwälder
Die Zerstörung der einzigartigen Wälder der Tropen ist ein Hauptgrund für das weltweite Artensterben, führt zu Kohlenstoffemissionen, fördert die Ausbreitung von Krankheitserregern und bedroht die Lebensgrundlage von Millionen von Menschen. Trotzdem werden Trockenwälder und Savannen von Wissenschaft und Politik oft vernachlässigt und stehen im Schatten ihrer Nachbarn, den Regenwaldgebieten wie dem Amazonas. „Das ist problematisch“, sagt Ana Buchadas, Wissenschaftlerin am Geographischen Institut der Humboldt-Universität zu Berlin, „denn Trockenwälder sind wirklich außergewöhnlich und in vielen Teilen der Welt ebenso stark bedroht wie Regenwälder.“
Eine bessere Überwachung des Zustandes von Trockenwäldern und Rodungsprozessen sowie eine vorausschauende Landnutzungsplanung sind dringend notwendig, so die Autor:innen. „Unsere Arbeit ermöglicht es erstmalig, Regionen mit ähnlichen Entwaldungsprozessen über Kontinente hinweg zu identifizieren. Dies kann ein guter Ausgangspunkt sein, um Planungsinstrumente zu entwickeln, die besser an lokalen Bedingungen angepasst sind“, betont Ana Buchadas. Den Forscher:innen zufolge können solche Gemeinsamkeiten auch besser genutzt werden, um aus der Vergangenheit zu lernen, beispielsweise aus Erfahrungen in Südamerika, wo viele Trockenwälder stark gerodet wurden, für Afrika, wo diese Prozesse gerade erst beginnen.
Leider kein Kommentar vorhanden!