Extremwetterereignisse treten immer heftiger auf. Das wird oft dem Klimawandel zugeschrieben. Doch wie sieht diese Verbindung zwischen extremem Wetter und Klimawandel tatsächlich aus? Linda van Garderen vom Helmholtz-Zentrum Hereon hat jetzt eine Forschungsmethode weiterentwickelt, mit der es erstmals möglich ist, den Einfluss des Klimawandels auf ein bestimmtes Extremwetterereignis zu bestimmen. So zeigt sie, dass der Klimawandel eine ohnehin schwere Dürre in Südamerika noch verstärkte und außerdem zu einem Temperaturanstieg von bis zu vier Grad während einer der stärksten Hitzewellen in Europa führte.
Forschende haben den Klimawandel schon oft mit Extremereignissen in Verbindung gebracht. Diese Erkenntnisse basierten aber hauptsächlich auf statistischen Methoden. Sie erlauben Aussagen über die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Extremereignissen oder darüber, wie wahrscheinlich es ist, dass sie in Zukunft stärker ausfallen werden. Analysen von Einzelereignissen in Bezug auf den Klimawandel waren jedoch bisher nicht möglich. Linda van Garderen, Wissenschaftlerin am Hereon Institut für Küstensysteme – Analyse und Modellierung, konnte diese Lücke nun mit der kombinierten Methode Spectrally nudged storylines schließen. Damit zeigte sie, dass die Dürre in Südost-Südamerika (SESA) 2011/ 2012 wegen des Klimawandels schwerer ausfiel, während die Niederschläge in dieser Region über den Rest des Jahres gleichzeitig zunahmen. Zudem konnte sie nachweisen, dass der Klimawandel während einer der bisher schwersten Hitzewellen in Europa in manchen Gebieten zu einem Temperaturanstieg von bis zu vier Grad Celsius führte. „Die Tatsache, dass wir für eines der schwersten Hitzeereignisse in der europäischen Geschichte seit Beginn der Aufzeichnung ein klares Klimasignal von lokal bis zu vier Grad Celsius gefunden haben, zeigt uns, wie sehr der Mensch unseren Planeten bereits verändert hat“, sagt Linda van Garderen, Erstautorin der Studien.
Die Methode
Mit Spectrally nudged storylines simulierte van Garderen drei verschiedene Welten: eine ohne Klimawandel, eine mit Klimawandel (unsere heutige Welt) und eine mit starkem Klimawandel (globale Temperatur +2°C). In ihrem Modell legte sie die großräumigen dynamischen Parameter fest, die für die horizontalen Winde in der oberen Atmosphäre verantwortlich sind. Diese komplexen Bewegungen erstrecken sich über den gesamten Globus. Und sie unterliegen oft unvorhersehbaren Schwankungen – das erschwert die Simulation des Klimas in bestimmten Gebieten. Indem das Modell diese Parameter realitätsnah darstellt, ist es möglich, sich nur auf die konkreten thermodynamischen Daten, wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit, zu konzentrieren. Dadurch ist das sogenannte Rauschen minimiert, die Störfaktoren, die die eigentlichen Signale überlagern. ,,Mit Spectrally nudged storylines lässt sich ein Klimasignal in einzelnen Extremereignissen finden, das bei anderen Methoden im Rauschen untergehen würde“, erklärt van Garderen. Auf diese Weise war van Garderen in der Lage, die drei Welten über einen Zeitraum von fünf Jahren (2010 – 2014) zu rekonstruieren. Ihr Fokus lag dabei auf schweren Extremereignissen in der Vergangenheit, deren Ergebnisse sie aus der jeweiligen Welt miteinander verglich. Van Garderen konnte so nicht nur nachweisen, dass der Klimawandel bestimmte Wetterextreme in der Vergangenheit verstärkt hat, sondern auch, dass die Folgen in einer 2-Grad-Welt noch drastischer gewesen wären: Bei der Dürre in der SESA-Region wären die lokalen Temperaturen im Vergleich zu heute um bis zu drei Grad wärmer gewesen, was zu einer verstärkten Verdunstung der Feuchtigkeit aus dem Boden und der Vegetation geführt hätte. Dadurch hätte sich die Dürre noch weiter verschärfen können.
Resilienz ist der Schlüssel
Das Bedeutende an van Garderens Arbeit und ihren bisherigen Ergebnissen ist die Analyse von konkreten Ereignissen. Auch wenn statistische Analysen wertvolle Erkenntnisse über das Klima der Zukunft liefern, bieten sie für die Zuordnung einzelner Extremereignisse zum Klimawandel vergleichsweise wenig Informationen. Um auf die Folgen des Klimawandels angemessen reagieren zu können, ist eine umfassende und auf die jeweilige Region abgestimmte Vorbereitung entscheidend. Resiliente Strukturen in Gesellschaft, Wirtschaft und Landwirtschaft sind entscheidend, um die schlimmsten Folgen von Extremereignissen zu mildern oder gar zu verhindern.
Hintergrund
Linda van Garderens Ergebnisse sind das Resultat ihrer Doktorarbeit unter der Leitung von Dr. Frauke Feser, Wissenschaftlerin am Hereon-Institut für Küstensysteme – Analyse und Modellierung, und unter der Mitbetreuung von Prof. Ted Shepherd, Grantham Professor für Klimawissenschaften an der Universität Reading. Shepherd hat die Methode Storylines erstmals 2017 entwickelt, um die Auswirkungen des Klimawandels unter bestimmten Umständen zu ermitteln – beispielsweise bei einer Zwei-Grad-Erwärmung oder eines aktiven El Niño Ereignisses, anstatt zu versuchen, die Zukunft mit ihren vielen Unsicherheiten vorherzusagen. Zuvor entwickelte Frauke Feser bereits das Spectral Nudging zusammen mit Hans von Storch und Heike Langenberg und betreute später van Garderens Anwendung und Anpassung des globalen Spectral Nudgings. Damit konnte das Wetter weltweit rekonstruiert werden, um so dessen Veränderungen im Laufe der Zeit genauer nachzuvollziehen.
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