Ein internationaler Kanal soll katholischen Priestern, die des Kindesmissbrauchs beschuldigt wurden, die Flucht nach Ecuador ermöglicht haben. Dies ergab eine journalistische Untersuchung, bei der eine Liste von dreiundzwanzog ausländischen Priestern gefunden wurde, die in den letzten Jahrzehnten in Santo Domingo de los Tsáchilas, 152 km von Quito (Ecuador) entfernt, Zuflucht gefunden haben. Die von „El País“ (Spanien) und „Report München“ (Deutschland) durchgeführte Untersuchung rekonstruiert die Schritte von Priestern, die aus Europa nach Lateinamerika kamen, um den gegen sie erhobenen Vorwürfen der Päderastie zu entgehen. Der 2017 verstorbene Geistliche Emilio Stehle war demnach derjenige, der den Weg für seine Priesterkollegen nach Ecuador ebnete. In den letzten Monaten haben die Missbrauchsvorwürfe gegen Stehle Deutschland schockiert. Mindestens zehn Frauen haben gegen den Priester ausgesagt. Die Richterin Antje Niewisch-Lennartz ermittelt gegen den Geistlichen auch wegen Beihilfe zu einem der Päderastie beschuldigten Priester.
Gegenüber „El País“ erklärte sie: „Stehle und seine Komplizen haben sich nicht nur der Justiz entzogen, sondern auch die südamerikanischen Kinder im Umfeld des Pastors einer großen Gefahr ausgesetzt“. Stehle war Bischof der Diözese Santo Domingo. Einer der spanischen Priester, die in die ecuadorianische Kleinstadt kamen, war Jordi Senabre, der 1988 in Barcelona verhaftet wurde, nachdem ein 13-jähriger Junge ihn denunziert hatte. Bevor er vor Gericht gestellt wurde, floh Senabre nach Ecuador und wurde von Stehle aufgenommen. Ein Messdiener hatte den Priester denunziert, doch als der Prozess begann, war Senabre verschwunden. Das Erzbistum teilte damals lediglich mit, dass der Priester auf Dienstreise sei und man nicht wisse, wo er sich aufhalte. 1994 wurde er in Uruguay aufgespürt und die spanischen Behörden beantragten seine Auslieferung. Senabre verschwand weiter, bis ein Journalistenteam von „El País“ ihn 2018 in der Diözese Santo Domingo in Ecuador fand. In Ecuador waren die Geistlichen der Diözese schockiert, dass Stehle einen Pädophilen gedeckt hatte. Stehle, der in der Region so beliebt war, hat sogar eine sechs Meter hohe Statue in Santo Domingo. Die Anschuldigungen, die seit 2021 gegen den Priester erhoben wurden, lassen jedoch Zweifel an seinen Handlungen aufkommen.
Auf der Liste, die investigativen Journalisten vorliegt, stehen Priester aus Deutschland, Polen, Irland, Italien, der Schweiz, Kolumbien und Peru. Die Herkunftsdiözesen dieser Priester haben es vermieden, Informationen für den Bericht zur Verfügung zu stellen, aber die Journalisten stellen fest, dass die Erzdiözese von Cali (Kolumbien) bestätigt hat, dass ein Priester, der in Guapi (Departement Cauca) lebte, 1989 nach Santo Domingo in Ecuador kam. Der Priester hatte Anschuldigungen in der Gemeindeschule, so die Veröffentlichung. In den Jahren 1964, 1985 und 1986 kamen drei spanische Priester aus Santander, Jerez de la Frontera und Toledo nach Santo Domingo. Alle Neuankömmlinge kamen nach Stehles Ernennung zum Bischof. Dem Bericht zufolge hat die Päpstliche Missionsgesellschaft (PMS), die alle spanischen Missionare verwaltet und zentralisiert, in den letzten Jahrzehnten 10.000 registriert, behauptet aber, dass weder Jordi Senabre noch die anderen drei in ihren Archiven verzeichnet sind. Die journalistische Untersuchung hatte sogar Zugang zu einem Brief aus dem Jahr 1976, aus dem hervorgeht, dass Stehle die Flucht eines des Missbrauchs beschuldigten Priesters aus Süpplingen (Niedersachsen) nach Paraguay ermöglichte. Die Finanzierung des Aufenthalts übernahm demnach „Adveniat“, das bischöfliche Hilfswerk für Lateinamerika.
Ein ehemaliger Generalvikar und Stehles rechte Hand, Vicente Pérez, ein Priester spanischer Herkunft, sprach mit „Report München“ über den Fall Senabre, der des sexuellen Missbrauchs beschuldigt wurde. Pérez entgegnete, dass Senabre „ein Problem in Barcelona hatte, weshalb er sich entschloss, hierher (Santo Domingo) zu kommen“. Der Priester sagte, Senabre habe als Pfarrer gearbeitet und „gute Arbeit geleistet“, während er gleichzeitig erklärte, dass er sich nicht für die Gründe interessiere, warum Senabre nach Ecuador gekommen sei. Pérez machte aber auch eine schockierende Aussage und erzählte Reportern, dass er selbst einen Priester seiner Diözese, der der Päderastie beschuldigt wurde, aus dem Gefängnis holte: „Es war aus christlicher Nächstenliebe. Ich habe mit dem Richter gesprochen und so wurde die Angelegenheit geklärt“. Nach Angaben von Pérez wurde Stehle darüber informiert und stimmte zu.
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