Die brasilianische Wirtschaft hat sich im zweiten Quartal stärker erholt als erwartet und ein Anstieg der Verbraucherausgaben verleiht der Wiederwahlkampagne von Präsident Jair Messias Bolsonaro weiter Rückenwind. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der größten Volkswirtschaft Lateinamerikas wuchs in den drei Monaten bis Juni um 1,2 Prozent, teilte die amtliche Statistikbehörde IBGE mit und lag damit über den 0,9 Prozent Wachstumsprognosen der in einer Reuters-Umfrage befragten Wirtschaftswissenschaftler. Es war das vierte Quartal in Folge mit einem Wachstum, das die Wirtschaftstätigkeit um drei Prozent über das Niveau vor der Pandemie anhob und mehrere Banken dazu veranlasste, ihre Wachstumsprognosen für 2022 anzuheben.
Eine sich verbessernde Wirtschaft hat die Wahlhoffnungen von Bolsonaro wiederbelebt, der in Meinungsumfragen hinter dem ehemaligen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva liegt, aber seine Popularität mit einem erweiterten Sozialprogramm und kurzfristigen Steuermaßnahmen zur Eindämmung der Inflation gesteigert hat. Das BIP des zweiten Quartals wurde durch ein Wachstum von 1,3 Prozent im dominierenden Dienstleistungssektor gestützt, während die Industrie um 2,2 und die Landwirtschaft um 0,5 Prozent zulegten. Auf der Nachfrageseite stiegen die Investitionen um 4,8 und die Verbraucherausgaben um 2,6 Prozent, während die Staatsausgaben um 0,9 Prozent zurückgingen. Die brasilianische Arbeitslosenquote sank im Quartal bis Juli auf 9,1 Prozent und damit auf den niedrigsten Stand seit fast sieben Jahren.
Die BIP-Daten vom Donnerstag (1.) führten zu einer Welle von Aufwärtskorrekturen für das Wachstum in diesem Jahr. Die „Bank of America“ prognostiziert nun ein Wachstum von 3,25 Prozent, zuvor waren es 2,5 Prozent. „Goldman Sachs“ hob seine Wachstumsprognose für 2022 von zuvor 2,2 auf 2,9 Prozent an. William Jackson, Chefvolkswirt für Schwellenländer bei „Capital Economics“, verbesserte seine Prognose für dieses Jahr von zwei auf 2,5 Prozent Wachstum, betonte jedoch, dass „die Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte wahrscheinlich schwächer werden wird“. Die brasilianische Zentralbank hat die Zinssätze von einem Rekordtief von zwei Prozent im März 2021 auf 13,75 Prozent angehoben, um die hohe Inflation zu bekämpfen. Die Auswirkungen dieser Straffung werden jedoch möglicherweise erst nach den Wahlen im Oktober zu spüren sein.
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