Die Landwirtschaft expandiert weiter in tropische Wälder, aber oft bleibt die Landnutzung nach der anfänglichen Entwaldung dynamisch. Eine Auswertung von Satellitenbildern der letzten 35 Jahre aus dem Gran Chaco in Südamerika zeigt, dass riesige Waldflächen zerstört wurden, aber auch, dass etwa ein Drittel der Gebiete überhaupt nicht für die Landwirtschaft genutzt wurden. In einer neuen Studie in der Fachzeitschrift Environmental Research Letters liefert ein internationales Forschungsteam aus Deutschland, Argentinien, den Niederlanden, Belgien und Kanada die derzeit umfassendste Rekonstruktion der Entwaldung in den letzten 35 Jahren im Gran Chaco – einer 1,1 Millionen km² großen Ökoregion in Argentinien, Bolivien und Paraguay. „Der Chaco ist ein globaler Entwaldungs-Hotspot, mit mehr als 19,3 Millionen Hektar Waldverlust seit 1985. Das ist eine Fläche, die mehr als halb so groß ist wie Deutschland“, erklärt Tobias Kümmerle, Professor am Geographischen Institut der Humboldt-Universität. „Die Hauptinnovation unserer Arbeit besteht darin, dass wir ein konsistentes und detailliertes Bild davon liefern, wie die Entwaldung voranschreitet. So lässt sich nachverfolgen, ob die Entwaldung schnell oder langsam erfolgt, wie entwaldete Flächen genutzt werden und in welchem Zustand sich die verbleibenden Wälder befinden.“
Die Entwaldung in den Tropen führt zu starken CO2-Emissionen, zum Verlust der Artenvielfalt, und trägt zur Ausbreitung von Zoonosen bei. Auf vielen Entwaldungsflächen werden landwirtschaftliche Rohstoffe wie Rindfleisch oder Sojabohnen produziert, welche dann in die ganze Welt verschifft werden, unter anderem nach Europa und Deutschland. „Was uns wirklich überrascht hat: Fast 40 Prozent der abgeholzten Flächen wurden zunächst für die Viehzucht genutzt, später aber in Ackerland umgewandelt“, ergänzt Matthias Baumann, der gemeinsam mit Tobias Kümmerle in der Arbeitsgruppe Biogeographie forscht. „Zu wissen, wo Landnutzungsänderungen nach der Entwaldung auftreten, ist wirklich wichtig, weil wir sonst die Entwaldung auf die falschen Rohstoffe zurückführen könnten.“
„Wir haben auch festgestellt, dass etwa 30 Prozent aller Entwaldungsflächen nie für die Landwirtschaft genutzt wurden“, sagt Tobias Kümmerle. Die Forscher betonen, dass viele Erklärungen für diesen Befund möglich sind, zum Beispiel Landspekulation, Bauern, denen das Geld ausgeht oder die jetzt abholzen, weil sie befürchten, dass es in Zukunft illegal werden könnte. „Dies ist eindeutig ein großes Umweltproblem, da eine solche Entwaldung nicht zur landwirtschaftlichen Produktion beiträgt, aber immer noch zu einem großen Verlust an biologischer Vielfalt und Kohlenstoffemissionen im Chaco führt.“ Laut den Forschern könnten solche Muster auf der ganzen Welt üblich sein. „Für die meisten Regionen der Welt wissen wir, wo und wann die Entwaldung stattgefunden hat, aber nicht, was danach mit diesen Flächen passiert. Wir brauchen mehr und bessere Überwachung der Veränderungen nach der Entwaldung, wenn wir unsere Lieferketten von Umweltauswirkungen reinigen wollen“, argumentiert Baumann.
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