Die Reichweite der italienischen ‚Ndrangheta-Mafia erstreckt sich über ganz Mittel- und Südamerika und die kriminelle Organisation, die zu den mächtigsten der Welt gehört, ist zu einem der wichtigsten europäischen Verbündeten der lateinamerikanischen Drogenhändler geworden. Dies geht aus einem aktuellen Bericht von InSight Crime, einer Organisation, die sich der Untersuchung des organisierten Verbrechens in Lateinamerika und der Karibik widmet, hervor. Diese Struktur fördert demnach die Kontinuität der illegalen Aktivitäten. „Die dezentralen Operationen der ‚Ndrangheta geben den Clans die Flexibilität, sich an den Verlust von Köpfen oder Führungspersönlichkeiten anzupassen und gleichzeitig die Folgen für das Netzwerk als Ganzes zu begrenzen“, so InSight Crime.
Europäische Häfen
Die ‚Ndrangheta nutzt den italienischen Hafen Gioia Tauro seit den 1990er Jahren als Einfallstor für Kokain nach Europa. Doch in den letzten Jahren hat Gioia Tauro als Drehscheibe für den Handel mit legalen und illegalen Waren an Bedeutung verloren und die Drogenhändler wenden sich den größten europäischen Häfen wie Antwerpen und Rotterdam zu. „Im Jahr 2021 beschlagnahmten die belgischen und niederländischen Behörden in diesen beiden Häfen 89 bzw. 70 Tonnen Kokain, weit mehr als die 13 Tonnen, die in Gioia Tauro sichergestellt wurden“, so InSight Crime.
Kartelle und Paramilitärs
In den letzten Jahren ist die ‚Ndrangheta mit zahlreichen kriminellen Gruppen in Lateinamerika in Verbindung gebracht worden, so Sergi. Dazu gehören die kolumbianische paramilitärische Gruppe Los Urabeños, besser bekannt als der Clan del Golfo, Fraktionen des brasilianischen Ersten Hauptstadtkommandos (PCC), aber auch kriminelle Gruppen wie die Kartelle von Cali und Medellín, Los Zetas aus Mexiko und die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC). Nach Angaben von InSight Crime wurden einige Mitglieder der ‚Ndrangheta in praktisch allen Ländern Lateinamerikas wegen Drogenhandels verhaftet. Angesichts der zunehmenden Präsenz der ‚Ndrangheta in Lateinamerika haben die lokalen und regionalen Behörden ihre Bemühungen zur Bekämpfung dieser transnationalen kriminellen Organisation verstärkt. Am 26. Oktober 2022 verhafteten beispielsweise Angehörige der argentinischen Bundespolizei (PFA) den italienischen Staatsbürger Carmine Alfonso Maiorano, der beschuldigt wird, ein Anführer der ‚Ndrangheta zu sein. „Gegen ihn wird ermittelt, weil er ein mutmaßliches Bindeglied zwischen der Mafia und ihren Drogengeschäften in Lateinamerika ist“, berichtete die argentinische Nachrichtenseite Infobae. Die Anti-Mafia-Abteilung der PFA nahm Maiorano nach monatelanger Geheimdienst- und Überwachungsarbeit in einem Haus in Guernica, Provinz Buenos Aires, fest.
Unterdessen hat die brasilianische Bundespolizei (PF) im August 2022 ein weiteres Mitglied der ‚Ndrangheta im Bundesstaat Goiás festgenommen. Der Mann, dessen Name nicht veröffentlicht wurde, wird beschuldigt, Kokain aus einem Hafen im brasilianischen Bundesstaat Espírito Santo nach Italien verschifft zu haben, versteckt in Granitblöcken. „Es handelt sich um einen den europäischen Behörden bekannten Kriminellen, einen Italiener und ein Mitglied der gefürchteten ‚Ndrangheta, einer Mafiaorganisation, die einen großen Teil des Kokainhandels nach Europa kontrolliert“, so die PF in einer Erklärung. Die Festnahme war dank der Zusammenarbeit zwischen PF-Agenten und der Guardia di Finanza, der italienischen Finanzpolizei, möglich. „Die Ermittlungen begannen mit Informationen aus Italien, nachdem im Dezember 2020 im Hafen von La Spezia 338 Kilogramm Kokain beschlagnahmt und vier Personen – ein Brasilianer, ein Italiener und zwei Albaner – auf frischer Tat festgenommen worden waren“, berichtete CNN Brazil.
Zusammenarbeit mit INTERPOL
Die Zusammenarbeit zwischen den lateinamerikanischen Behörden und INTERPOL war von grundlegender Bedeutung bei der Bekämpfung der ‚Ndrangheta in der Region. Im Juli 2022 wurde beispielsweise der Italiener Rocco Morabito in Begleitung von italienischen Agenten der INTERPOL-Kooperation gegen die ‚Ndrangheta von Brasilien nach Italien ausgeliefert. „Morabito gilt nach Angaben des italienischen Innenministeriums als einer der Top-Broker auf internationaler Ebene und als einer der meistgesuchten Flüchtigen der Welt“, so INTERPOL in einer Erklärung. „Die Auslieferung ist das Ergebnis einer intensiven Zusammenarbeit zwischen den nationalen Zentralbüros von INTERPOL in Brasilien und Italien.“
„Die Auslieferung von Rocco Morabito sendet eine starke Botschaft: Wie stark das kriminelle Netz der Mafiagruppen auch sein mag, unser globales Polizeinetzwerk ist stärker“, sagte Giovanni Bombardieri, Chefankläger der Antimafia-Staatsanwaltschaft von Reggio Calabria, einer Stadt in Italien.
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