Die Staatsoberhäupter/Vertreter der 60 Länder, die am dritten Gipfel der Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten (Celac) und der Europäischen Union (EU) in Brüssel teilnehmen, sind nach Angaben brasilianischer Diplomaten „kurz davor“, die Verhandlungen über eine gemeinsame Erklärung abzuschließen, die am Ende des Treffens veröffentlicht werden soll. Der Krieg in der Ukraine, ein heikles Thema für die Europäer, wird im Abschlussdokument des Gipfels erwähnt werden. Die lateinamerikanischen Delegationen, darunter Brasilien, verhandeln jedoch hart über den Wortlaut des Textes. Sie fordern, dass die Europäer die Position von Ländern in der Region berücksichtigen, die die russische Invasion noch nicht verurteilt haben, darunter beispielsweise Venezuela und Nicaragua. Die venezolanischen und nicaraguanischen Staatsoberhäupter sind nicht zu dem Treffen im EU-Hauptquartier gekommen, sind aber bei den Diskussionen vertreten. Ebenfalls nicht anwesend sind Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador und Perus Regierungschefin Dina Boluarte, die aufgrund einer Maßnahme des peruanischen Kongresses nicht ausreisen darf. In Abwesenheit von Obrador führt natürlich Präsident Lula die lateinamerikanischen Interessen an. Brasilien hat für die UN-Resolutionen gestimmt, in denen Moskau verurteilt wird, weil es mit der Invasion in der Ukraine die Regeln des Völkerrechts missachtet hat, ist jedoch der Ansicht, dass die Europäer die unterschiedlichen Standpunkte der Celac-Länder respektieren müssen. Mit der Unterstützung Brasiliens setzen sich die Lateinamerikaner dafür ein, dass in der Abschlusserklärung die Bemühungen um einen Dialog zwischen den Parteien zur Lösung des Konflikts betont werden, ohne Russland zu isolieren.
Wirtschaftlicher, ökologischer und digitaler Wandel im Fokus
Der letzte EU-CELAC-Gipfel fand 2015 statt. Seitdem ist die EU mit internen Problemen konfrontiert, wie z. B. der Bewältigung der großen Migrationswelle von 2015-2016, dem Brexit, der Coronavirus-Pandemie und schließlich dem Krieg in der Ukraine, der auch zu einer starken Energiekrise auf dem Kontinent geführt hat. Acht Jahre später hat sich die globale geopolitische Landschaft verändert, und der europäische Block sucht die Annäherung an eine Region der Welt, zu der er eine Affinität und eine historische Beziehung hat. Die lateinamerikanischen und karibischen Staaten müssen ihre Abhängigkeiten verringern, während Europa auf lateinamerikanischer Seite ein strategischer Partner für die Industrialisierung von Rohstoffen sein kann, der die Exporte aufwertet und Arbeitsplätze schafft. Die führenden Länder der Region wünschen sich Investitionen mit Technologietransfer. Auch die Verteidigung des Multilateralismus bringt sie einander näher. Um Verbündete anzulocken, bietet die EU das „Global Gateway“ an, einen Investitionsplan mit einem geschätzten Volumen von 10 Milliarden Euro, mit dem u. a. erneuerbare Energien, grüner Wasserstoff und kritische Mineralien, die für die Energiewende unerlässlich sind, finanziert werden können. Einige Experten halten diesen Betrag jedoch für zu hoch angesetzt, da er die Mittel des privaten Sektors einbezieht und unter dem liegt, was die europäischen Finanzierungsorganisationen für den afrikanischen Kontinent bereitstellen.
EU-Investitionen in Brasilien nehmen zu
Trotz einer achtjährigen Unterbrechung ohne biregionale Treffen haben Brasilien und die EU in dieser Zeit den Handel und den diplomatischen Austausch nie abgebrochen. Der 27-Nationen-Block ist nach China der zweitgrößte Handelspartner Brasiliens. Im Jahr 2022 erreichten die Handelsströme 95 Milliarden US-Dollar, 27 % mehr als im gleichen Zeitraum 2021. Brasilien exportierte 51 Mrd. USD in die EU, was einem Anstieg von 39 % gegenüber dem vorangegangenen Zeitraum entspricht, und importierte 44 Mrd. USD (plus 16 %), was zu einem Überschuss von rund 7 Mrd. USD führte. Brasilien ist auch das wichtigste Zielland für ausländische Direktinvestitionen (ADI) aus EU-Ländern in Lateinamerika, wobei fast die Hälfte des Bestands in der Region angesiedelt ist (353 Mrd. €). Mexiko steht an zweiter Stelle. Die europäischen Investitionen in Brasilien konzentrieren sich auf das verarbeitende Gewerbe, die digitale Infrastruktur und den Dienstleistungssektor.
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