Zahlreiche Menschen in Lateinamerika setzen ihre Hoffnung auf virtuelle Währungen. Die unterliegen starken Schwankungen, aber daran sind die Finanzjongleure wider Willen gewöhnt. Wegen hoher Inflationsraten war das klassische Sparen sowohl in Brasilien, Argentinien, Paraguay oder Venezuela noch nie eine Option. Der Bitcoin hat in den letzten Jahren weltweit für Schlagzeilen gesorgt, wobei sich ein bedeutender Teil des Diskurses um die Kryptowährung auf der Social-Media-Plattform Twitter, die dieses Jahr in X umbenannt wurde, abspielt. Ein einzelner Tweet wie von Elon Musk, der im Jahr 2021 auf Twitter die Akzeptanz von Bitcoin als Zahlungsmittel für Tesla erklärte, kann den gesamten Krypto-Markt erheblich beeinflussen. Doch wer sind die Personen, die auf Twitter die Bitcoin-Debatte prägen? Eine aktuelle Studie des Forscherteams Constantin Lichti, Endrit Ademi und Prof. Dr. Andranik Tumasjan von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) zeigt, dass bestimmte Krypto-Influencer auf Twitter als Meinungsführer erheblichen Einfluss auf die Bitcoin-Diskussion nehmen können. Die Forscher haben 115 Millionen Bitcoin-bezogene Tweets von 2009 bis 2022 analysiert und präsentieren auf Basis dieser umfassenden Analyse einen Meinungsführer-Index, der solche Influencer identifiziert und in acht verschiedene Archetypen kategorisiert.
Von Michael Saylor bis Elon Musk und PlanB: Wer prägt den Bitcoin-Diskurs auf Twitter?
Der Meinungsführer-Index zielt darauf ab, die wichtigsten Influencer im Bereich Bitcoin zu identifizieren und nutzt dafür sechs Indikatoren, darunter die Reputation und die Publikumsreichweite. „Werden mindestens drei der sechs Kriterien erfüllt, erachten wir die Person als Bitcoin-Meinungsführer auf Twitter”, erklärt Constantin Lichti. Die Klassifizierung ergab 218 Twitter-Nutzer, die mindestens drei der festgelegten Kriterien erfüllten. Nur zwei Meinungsführer, Michael Saylor und Anthony Pompliano, erfüllten alle sechs Kriterien, was ihre starke Führungsrolle in der Bitcoin-Community hervorhebt. Die Meinungsführer haben im Durchschnitt etwas mehr als eine Million Follower, wobei fast die Hälfte (49 Prozent) als „verifiziert“ gekennzeichnet ist – ein Zeichen ihrer Bedeutung und Authentizität. Mit einem durchschnittlichen Account-Alter von fast 10 Jahren sind diese Nutzer seit Langem aktiv. Das hohe Publikumsengagement zeigt sich in den durchschnittlichen Interaktionszahlen: Likes (250), Retweets (36) und Kommentare (28). Mehr als ein Drittel (38 Prozent) der Tweets sind Kommentare auf Tweets, was auf eine intensive Interaktion mit ihrem Publikum hinweist.
Acht verschiedene Archetypen von Bitcoin-Influencern
Die Forscher kategorisieren anhand der sechs Kriterien 218 Bitcoin-Meinungsführer in acht verschiedene Archetypen, wobei auch Bitcoin-Kritiker und pseudonyme Accounts berücksichtigt werden: „Bitcoin Maximalists” wie zum Beispiel Tone Vays, „Crypto All-Stars” wie Vitalik Buterin, „Millionaire Magnets” wie Elon Musk, „Engagement Gurus” wie Lark Davis, „Bitcoin Conversationalists” wie Tiffany Hayden, „Persistent Pundits” wie Elizabeth Stark, „Incognito Influencers” wie PlanB und „Confrontational Conversationalists” wie Peter Schiff. Eine Analyse mit LIWC, einem wissenschaftlich fundierten Lexikon, das über 12.000 Wörter und Wortstämme in spezifische sprachliche Kategorien quantifiziert und subtile Sprachvariationen erfasst, zeigt, dass jeder Archetyp einen einzigartigen Kommunikationsstil und thematischen Schwerpunkt aufweist, der von finanziellen und technologischen Aspekten bis hin zu Macht und Politik reicht.
Starke Korrelationen zwischen Bitcoin-Influencer-Aktivitäten und Bitcoin-Preis
Die Forscher haben zudem festgestellt, dass zwischen 2009 und 2022 eine starke Verbindung zwischen der Tweet-Aktivität von Meinungsführern und dem Engagement des Publikums zu diesen Tweets in Bezug auf den Bitcoin-Preis besteht. „Es ist bemerkenswert, wie stark ihre Kommunikation mit der Preisentwicklung von Bitcoin korreliert – trotz ihrer unterschiedlichen Kommunikationsstrategien“, so Endrit Ademi. Die Studie zeigt auch, dass der Meinungsführer-Index als nützliches Tool dienen kann, um solche Influencer in anderen dezentralisierten Kontexten und auf anderen Social-Media-Plattformen zu identifizieren. „Unsere Analyse bietet Einblicke in die Mechanismen der Meinungsführung in einem dezentralen Umfeld, das durch Technologien wie Bitcoin geprägt ist“, so Prof. Dr. Andranik Tumasjan.
Zusammenfassend unterstreichen die Ergebnisse der Studie die wachsende Bedeutung von Influencern und sozialen Medien im Bereich der Kryptowährungen. Allen Personen, die in der Bitcoin- und Kryptowelt aktiv sind oder Interesse daran haben, empfiehlt Lichti, den Diskussionen auf Twitter und deren Meinungsführern zu folgen, um die Dynamik der Krypto-Szene besser verstehen und analysieren zu können. Prof. Dr. Andranik Tumasjan und sein Team arbeiten als Teil der Forschungsgruppe für Management und Digitale Transformation an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Ihre Forschung konzentriert sich auf die Schnittstelle von Management und digitalen Technologien, wobei ein aktueller Schwerpunkt auf dem Potenzial der Blockchain-Technologie liegt. Die aktuelle Studie zum Bitcoin-Diskurs wurde zur Veröffentlichung in den Proceedings der 57. Hawaii International Conference on System Sciences (HICSS-57) angenommen, die vom 3. bis 6. Januar 2024 in Honolulu auf Hawaii stattfinden wird.
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