Südamerika: Wissenschaftler entdecken neue Art des größten Kolibri der Welt

Jüngste Forschungsarbeiten unter der Leitung des Museums für Südwestbiologie an der Universität von New Mexico (UNM) in Zusammenarbeit mit der Pontificia Universidad Católica de Chile und dem Centro de Ornitología y Biodiversidad in Peru haben zum ersten Mal die komplette Reise des wandernden Riesenkolibris aufgezeigt. Dabei entdeckten sie nicht nur, dass diese Vögel bis in eine Höhe von 3.962 Metern fliegen, sondern auch eine unerwartete Entdeckung einer neuen Art. Das Forscherteam wollte herausfinden, wo die Riesenkolibris, die größten bekannten Kolibris, den Winter verbringen. Dazu statteten sie sie mit Ortungsgeräten aus, die wie winzige Rucksäcke aussehen, heißt es in einer offiziellen Erklärung der UNM. Dabei stellten sie auch fest, dass es zwei Arten gibt und nicht nur eine, wie bisher angenommen. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht.

Mit einer Gesamtlänge von 22 Zentimetern, einer Flügellänge von 14 Zentimetern und einem Gewicht von bis zu 24 Gramm ist der Riesenkolibri die größte Kolibriart. Durch seine Größe schlägt er viel langsamer mit den Flügeln (10 bis 15 Mal pro Sekunde) als andere Kolibriarten (40 bis 50 Flügelschläge pro Sekunde) und erinnert damit eher an eine Fledermaus.

Wie haben sie den neuen Riesenkolibri entdeckt?

Kolibris brüten an der Pazifikküste Chiles, verschwinden aber nach der Brutsaison. Um das Rätsel zu lösen, wohin sie gehen, brachte das Team um die Biologin Jessie Williamson an den Vögeln Miniatur-Peilsender an. „Es bedurfte vieler Versuche, um ein geeignetes Design für das Geschirr zu finden“, erklärte Williamson. „Die Arbeit mit Kolibris ist aufgrund ihrer Größe und Beweglichkeit eine Herausforderung. Sie sind die winzigen Akrobaten der Natur. Um wandernde und nicht wandernde Riesenkolibris zu erkennen und ihre Flugrouten zu unterscheiden, wurde außerdem die Genomsequenzierung mehrerer Exemplare aus dem UNM Museum of Southwest Biology untersucht. Dadurch konnten die beiden Formen von Riesenkolibris zum ersten Mal unterschieden werden. „Die Einbeziehung der DNA von 154 Jahre alten Typusexemplaren war der Schlüssel zur Lösung dieses evolutionären Rätsels“, so Christopher Witt, Direktor des Museums. „Die beiden Formen des Riesenkolibris sehen fast identisch aus; jahrhundertelang haben Ornithologen und Vogelbeobachter nie bemerkt, dass sie unterschiedlich sind“, sagt Witt.

Der neue Kolibri: Patagona chaski

Der neu entdeckte Riesenkolibri erhielt den Namen Patagona chaski, eine Hommage an die Chaski-Boten des Inka-Reiches, aufgrund seiner langen Reisen und seiner Fähigkeit, sich an große Höhen anzupassen. „Die Reise des Riesen ist eine der längsten Kolibriwanderungen der Welt“, heißt es in der Publikation. Demnach legen die Vögel auf ihrer Rundreise zwischen 5.457 und 8.335 Kilometer zurück. Die winzigen Reisenden verlassen ihre Brutgebiete auf Meereshöhe in Algarrobo, Chile, und machen sich auf den Weg in hochgelegene, nicht brütende Gebiete in Zentralperu. Auf ihrem Weg nach oben legen sie eine Flugpause ein, damit sich ihr Blut und ihr Gefieder akklimatisieren können.

Im Laufe von schätzungsweise drei Millionen Jahren haben sich die Kolibris der Art Patagona chaski so entwickelt, dass sie sich deutlich von ihren nicht wandernden Verwandten unterscheiden. Trotz ihrer Ähnlichkeit haben sie ein deutlich anderes Blut und andere Lungen. Den Forschungsergebnissen zufolge hielten sich die wandernden Riesenkolibris zwischen 4 und 77 Tagen in der Region Cusco in Peru auf. Danach zogen sie in Nichtbrutgebiete weiter nördlich, wo sie länger blieben: 30 bis 109 Tage. „Diese Arbeit ist erst der Anfang“, so Williamson in der UNM-Mitteilung, „die Kombination von Migrationsverfolgung und Genomik eröffnet Forschungsmöglichkeiten, die ein ganzes Leben füllen könnten“.