Der moderne Leistungssportgedanke setzte sich mit der Industrialisierung durch. Aber auch vormoderne Kulturen vollbrachten bereits sportliche Höchstleistungen. Allerdings häufig im Interesse des Gemeinwohls und nicht, um sich als Individuum von der Masse abzuheben. In der steinzeitlichen Hochkultur der Maya stand beispielsweise ein Ballspiel im Zentrum des religiösen Lebens. Es bestimmte über Kriege, die Fruchtbarkeit der Felder – und im Glauben der Maya sogar den Fortbestand der Welt. Nicht selten endete es blutig, wie Sporthistoriker Prof. Dr. Andreas Luh von der Ruhr-Universität Bochum weiß. Er erforscht Bewegungspraktiken in vormodernen Kulturen und berichtet darüber im Wissenschaftsmagazin Rubin der Ruhr-Universität.
Das Ballspiel bei den Maya – ein göttliches Ritual
Die Maya lebten unter schwierigen geografisch-klimatischen Bedingungen, litten unter Überschwemmungen, Trockenzeiten, Erdbeben oder Vulkanausbrüchen. Sie glaubten, dass ihre Welt zyklisch zerstört wird und neu entsteht, und sie verehrten hunderte von Göttern. „Es herrschte eine regelrechte Opfermanie, um das Neuerstehen der Welt zu gewährleisten. Auch die Bewegungskultur war darauf ausgerichtet“, so Andreas Luh. „Letztlich war es bei den Maya sozusagen die höchste sportliche Leistung, den Körper als Opfergabe für die Götter bis zur Selbstaufgabe zu schädigen, um solidarisch die Gemeinschaft aufrechtzuerhalten.“
Blutiges Ende für den Kapitän
Aus Wandmalereien und Fresken lässt sich rekonstruieren, dass die Maya ein akrobatisches Ballspiel praktizierten, in dem ein zwei bis vier Kilogramm schwerer Ball die Sonne repräsentierte. Um Schaden von der Erde abzuwenden, musste der Ball in Bewegung gehalten werden, durfte aber weder geworfen noch geschossen werden. Zwei Mannschaften traten gegeneinander an; in Notzeiten konnte sogar der Sieger oder der Verlierer am Ende des Spiels geopfert werden. „Dem Kapitän wurde mit einem Messer das Herz herausgeschnitten“, erklärt Andreas Luh. Auch den Beginn eines Kriegs oder den Zeitpunkt für die Aussaat bestimmten die Maya mithilfe dieses Ballspiels.
„Manches an der Kultur der Maya ist für uns verstörend“, resümiert Andreas Luh. „Aber einiges finde ich auch faszinierend, etwa dass sie nicht individuell nach Ruhm gestrebt haben.“ Das sei auch bei den Alten Ägyptern so gewesen. Mehr zum Leistungsbegriff der Maya, der ägyptischen Pharaonen, der japanischen Sumoringer und Geistlichen im frühen Mittelalter hat Andreas Luh in einem Sammelband veröffentlicht, der 2023 erschienen ist.
Die Maya sind ein indigenes Volk bzw. eine Gruppe indigener Völker in Mittelamerika, die insbesondere aufgrund der von ihnen im präkolumbischen Mesoamerika gegründeten Reiche und ihrer hoch entwickelten Kultur als Maya-Zivilisation bekannt sind. Nicht nur wegen der räumlichen Gegebenheiten unterscheidet man traditionell zwischen Hochland-Maya (in Chiapas und Guatemala) und Tiefland-Maya (auf der Halbinsel Yucatán, in Petén und Belize).
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