Brasilianische Kokainhändler gelangen über Portugal nach Europa

cracxk

Crack (eine rauchbare Form von freiem Kokain) taucht zunehmend in gefährdeten Gemeinden in Ländern wie Frankreich, Belgien und sogar Portugal auf (Foto: Paulo Pinto/Agência Brasil)
Datum: 08. Mai 2025
Uhrzeit: 14:41 Uhr
Ressorts: Brasilien, Panorama
Leserecho: 0 Kommentare
Autor: Redaktion
Sprachkurs Portugiesisch (Brasilianisch)

Die Aktivitäten brasilianischer krimineller Organisationen im Ausland haben in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Unter diesen Organisationen hat das „Primeiro Comando da Capital“ (PCC) die Aufmerksamkeit der europäischen Behörden, insbesondere der portugiesischen, auf sich gezogen, da es Hinweise darauf gibt, dass ihre Mitglieder in einigen Ländern der Region Stützpunkte aufbauen. Berichten zufolge existieren Strukturen für Drogenhandel, Geldwäsche und sogar Waffenhandel, was Auswirkungen auf die innere Sicherheit Portugals und anderer Länder auf dem europäischen Kontinent haben könnte.

Die Expansion des PCC über Brasilien hinaus

Der PCC, der in den 1990er Jahren in den Gefängnissen von São Paulo entstand, ist im Laufe der Jahre spektakulär gewachsen und hat sich zur größten kriminellen Organisation Brasiliens entwickelt. Ursprünglich konzentrierte sich die Gruppe auf die Kontrolle der Gefängnisse und die Organisation von Verbrechen auf relativ regionaler Ebene, begann dann aber, internationale Verbindungen aufzubauen, vor allem um den Handel mit Kokain und anderen Betäubungsmitteln zu ermöglichen. In Portugal deuteten Daten des Sicherheitsdienstes (SIS) darauf hin, dass etwa 1.000 Personen mit Verbindungen zum PCC in diesem Land operierten. Diese Informationen wurden jedoch kontrovers diskutiert und bislang nicht von anderen Quellen bestätigt. Dennoch haben die portugiesischen Behörden die Rolle des Landes als Eingangstor für große Drogenlieferungen, vor allem aus Brasilien, nach Europa untersucht. Die Häfen von Sines, Lissabon und Leixões gelten als einige der wichtigsten Einfuhrkanäle für Kokain auf dem Kontinent. Laut lokalen Berichten wurden Gewaltverbrechen und Mordversuche im Zusammenhang mit Abrechnungen im Drogenhandel verzeichnet, wobei der PCC stets als zentraler Akteur oder Partner anderer europäischer krimineller Netzwerke auftrat.

Präsenz von PCC-Mitgliedern in Europa

Als Gruppe mit starker wirtschaftlicher Macht auf dem illegalen Drogenmarkt lässt die Präsenz des PCC befürchten, dass die Organisation korrupte Praktiken reproduzieren, Beamte einschüchtern und ihren Einfluss auf europäischem Boden ausweiten könnte. In Lissabon und Porto kam der Verdacht auf, dass brasilianische und sogar portugiesische Staatsbürger als Strohmänner für Scheinfirmen rekrutiert wurden. Die Sprachähnlichkeit, die starke Migration von Brasilianern nach Portugal in der Vergangenheit und das Interesse an hohen Einnahmen auf dem europäischen Markt erklären zum Teil, warum der PCC dieses Land als einen seiner Ausgangspunkt bevorzugt hat. Die brasilianischen und portugiesischen Behörden weisen darauf hin, dass die Gruppe versucht, unauffällig zu agieren, indem sie den Aufbau legitimer Unternehmen im Stil von Franchises oder Kleinstunternehmen fördert, deren tatsächliche Einnahmen jedoch aus dem Geldtransfer stammen.

Ein weiterer Grund zur Sorge ist der Strom von PCC-Mitgliedern und -Führern, die zwischen verschiedenen Ländern hin- und herreisen. Es gibt Hinweise darauf, dass wichtige Persönlichkeiten der Gruppe für unterschiedlich lange Zeiträume in Portugal leben und sich dort vor den Behörden verstecken. Einer der bekanntesten Fälle war der von André de Oliveira Macedo, bekannt als André do Rap, der sich etwa ein Jahr lang in Portugal versteckt gehalten haben soll. Diese Entwicklung bestätigt die Vermutung, dass das Land auf der Route von Anführern liegt, die nicht nur Drogenhandel betreiben, sondern auch Geld mit einer starken Währung wie dem Euro waschen und gleichzeitig aufgrund der geringen Bekanntheit bestimmter Gebiete Europas relative Ruhe genießen wollen.

Ein Einfallstor für Kokain

Portugal, das historisch gesehen eine strategisch günstige Lage an der Schnittstelle zwischen dem Atlantik und dem europäischen Kontinent einnimmt, ist zu einem Ziel für Drogenhändler geworden, die die Entfernungen und Risiken bei der Kokainlogistik reduzieren wollen. Nach Angaben der zuständigen Behörden wird der größte Teil der Drogen, die ins Land gelangen, in Frachtcontainern versteckt oder mit Produkten wie Obst, Zucker, Kohle und anderen Waren getarnt und in Häfen wie Lissabon, Leixões, Setúbal und Sines entladen. Die von der portugiesischen Kriminalpolizei (PJ) durchgeführte „Operation Porthos“ legte Beweise dafür vor, dass Hafenbeamte und Mitarbeiter der Steuerbehörde Bestechungsgelder von brasilianischen kriminellen Organisationen (wie dem PCC) und kolumbianischen Kartellen erhielten und so den Abtransport großer Drogenlieferungen aus den Häfen per Lkw ermöglichten. Dieses System ebnete den Weg für den Transport des Kokains auf dem Landweg in andere Länder des Kontinents.

Was die Route durch Portugal für den PCC noch lukrativer macht, ist die Tatsache, dass Kokain in Europa viel höhere Preise erzielt als in Brasilien. Ein Kilo dieser Droge, das in Südamerika nur wenige tausend Euro wert ist, kann im europäischen Einzelhandel einen Wert von mehreren zehntausend Euro erreichen, was den ursprünglichen Wert um das Fünffache steigern kann.

Kokainkonsum in Europa steigt

Die Berichte der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht und die Analysen von Abwässern in Städten auf dem gesamten Kontinent zeigen, dass Kokain in mehreren Ländern, darunter Portugal, Spanien, Belgien und den Niederlanden, stetig an Präsenz gewonnen hat. Die zunehmende Reinheit des auf dem europäischen Markt erhältlichen Kokains bei gleichzeitig stabilen Verbraucherpreisen deutet auf eine wachsende Effizienz der Liefer- und Handelsnetze hin. Es gibt Fälle von aufeinanderfolgenden Jahresrekorden bei den Gesamtbeschlagnahmungen von Kokain, wie beispielsweise in Portugal, wo im Jahr 2024 rund 23 Tonnen beschlagnahmt wurden. Noch besorgniserregender ist die Diversifizierung der Konsumwege: Crack (eine rauchbare Form von freiem Kokain) taucht zunehmend in gefährdeten Gemeinden in Ländern wie Frankreich, Belgien und sogar Portugal auf. Dieser Konsum verschärft die sozialen und gesundheitlichen Risiken, da Crack mit intensivem und zwanghaftem Konsum sowie mit zunehmender Marginalisierung und Unsicherheit in städtischen Gebieten in Verbindung gebracht wird.

Die Notwendigkeit der Geldwäsche

Ein weiterer wichtiger Aspekt für das Verständnis der Präsenz des PCC in Portugal ist die Geldwäsche. In Europa investiert der PCC offenbar in Sektoren wie dem Bauwesen, dem Import exotischer Früchte, Restaurants, Friseursalons und Cyberkriminalität. Oft werden Scheinfirmen auf Personen ohne Vorstrafen registriert, die nur einen minimalen Geschäftsbetrieb aufrechterhalten, um Ausgaben zu rechtfertigen und den Anschein der Legalität zu wahren. In einigen Fällen wird vermutet, dass lokale Behörden bestochen werden, um bürokratische Verfahren zu erleichtern oder Transaktionen zu verschleiern. Da die durch den internationalen Kokainhandel generierten Summen Hunderte Millionen Euro erreichen können, sind die Strafverfolgungsbehörden ständig besorgt über die Ausbreitung der Geldwäsche.

Festnahme eines „PCC-Tauchers“

Die kürzliche Festnahme eines 38-jährigen Brasilianers, der im Großraum Lissabon lebte und für die Organisation von Kokainentfernungen aus Schiffsrümpfen im örtlichen Hafen verantwortlich war, ist zu einem symbolträchtigen Fall geworden. Nach Angaben der portugiesischen Kriminalpolizei hatte der Verdächtige direkte Verbindungen zum PCC und eine herausragende Position in der Struktur des Handels nach Europa inne. Die von den Ermittlern beschriebene Logistik ist aufschlussreich: Das Kokain wurde von Taucherteams in Brasilien in die Schiffsrümpfe versteckt und dann in Europa in nächtlichen Operationen geborgen, bevor die Schiffe kontrolliert wurden. Es wird geschätzt, dass jedes Schiff zwischen 100 und 150 Kilogramm verstecktes Kokain transportiert haben könnte. Angesichts des Marktwerts in Europa ist die Gewinnspanne extrem hoch.

Dieser Vorfall bestätigt mehrere Warnungen der Behörden vor der Raffinesse der illegalen Routen, die technisches Know-how, schwere Waffen und ein weltweites Logistiknetzwerk umfassen. Das im Haus des Verdächtigen gefundene Waffenarsenal ist auch eine Warnung vor den im Umlauf befindlichen Schusswaffen. Wenn Mitglieder der PCC auf portugiesischem Boden über Maschinengewehre, Sturmgewehre und Pistolen verfügen, besteht die Gefahr einer Zunahme der bewaffneten Gewalt, was die öffentlichen Sicherheitskräfte beunruhigt, die in Portugal an ein historisch niedriges Niveau an Gewaltkriminalität gewöhnt sind.

Internationale Zusammenarbeit

Angesichts dieser Lage wächst das Bewusstsein, dass nur eine transnationale Zusammenarbeit die Ausbreitung der PCC eindämmen kann. Portugal und Brasilien arbeiten seit jeher in den Bereichen Justiz und Sicherheit zusammen. Im Februar 2025 unterzeichneten die Justizminister beider Länder auf dem XIV. Luso-Brasilianischen Gipfeltreffen Abkommen zum Informationsaustausch, zur Weitergabe von Strafdaten und zur Erleichterung gemeinsamer Ermittlungen. Ziel ist es, den Austausch von Strafregisterdaten auszuweiten, Verdächtige zu überwachen und die Finanzierungsquellen der Gruppen zu neutralisieren.

Die Einbeziehung anderer europäischer Länder, in denen große Mengen Kokain beschlagnahmt werden und Gewaltkriminalität weit verbreitet ist, ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Ohne eine globale Strategie zur Hafenkontrolle werden sich mit jedem Land, das seine Überwachung verstärkt, alternative Einreisepunkte ergeben, wie die Behörden des Informationszentrums von São Paulo und die portugiesische Kriminalpolizei selbst betont haben. In diesem Sinne könnten gemeinsame Ermittlungen mit Europol, Interpol und der brasilianischen Bundespolizei von entscheidender Bedeutung sein, um Routen aufzuspüren, Raffinerielabors auszuheben und die Kontrollen von Containern zu verbessern.

Portugal muss sich seinerseits an die neue Realität anpassen, eines der Einfallstore für Kokain in Europa zu sein. Die Notwendigkeit, die Polizeikräfte zu verstärken, die Korruption an den sensiblen Punkten des Hafensystems zu bekämpfen und die Nachrichtendienste zu verbessern, ist unter Experten unumstritten. Auch aus der Gesellschaft kommt die Forderung, einen Anstieg des Kokainkonsums im Land zu verhindern.

Ist der „Krieg gegen die Drogen“ verloren?

Mehrere Analysten weisen darauf hin, dass der sogenannte „Krieg gegen die Drogen“ in mehreren Ländern gescheitert ist, was zu einer übermäßigen Inhaftierung, einer geringen Verringerung des Drogenangebots und einem exponentiellen Wachstum von Banden und Kartellen geführt hat. Die sozialen und wirtschaftlichen Kosten der Bekämpfung des Drogenhandels sind sehr hoch: Sie umfassen Polizeikontingente, Ausgaben für Justizsysteme, Gefängnisse und oft auch Korruptionsprobleme. Europa steht vor der gleichen Herausforderung. Selbst trotz intensiver Beschlagnahmungen scheint der Drogenfluss nicht abzunehmen. Organisationen wie die PCC passen sich schnell an und finden neue Routen und Verstecke. Der steigende Kokainkonsum in Europa wirft Fragen zur Wirksamkeit rein repressiver Maßnahmen auf.

Dies eröffnet Raum für eine Debatte über alternative Modelle wie die Legalisierung oder Regulierung derzeit illegaler Substanzen. In Portugal wurde der persönliche Drogenkonsum 2001 entkriminalisiert, der Handel jedoch nicht legalisiert. Dennoch gilt die Entkriminalisierungspolitik Portugals als fortschrittlich in Bezug auf die Behandlung von Süchtigen, den Abbau von Stigmatisierung und die Erleichterung des Zugangs zu Gesundheitsdiensten und sozialen Wiedereingliederungsmaßnahmen. Die Idee, den Handel mit Drogen zu legalisieren und zu regulieren, wie es einige Länder mit Cannabis bereits versuchen, könnte theoretisch die wirtschaftliche Basis des Drogenhandels und damit die Fähigkeit krimineller Organisationen wie des PCC zur Finanzierung ihrer Aktivitäten untergraben. Diese Hypothese stößt jedoch auf ethische, moralische, politische und sogar diplomatische Fragen, da die internationale Zusammenarbeit tendenziell eine Prohibition befürwortet.

Der Weg Europas ist daher noch nicht festgelegt: Einige Nationen scheinen bereit zu sein, ihre Gesetze zu überarbeiten, während andere die Strafen verschärfen und die Repression verstärken und auf gemeinsame Polizeieinsätze setzen. Tatsache ist, dass diese Gruppen ihre Präsenz aufrechterhalten oder ausbauen werden, solange die Nachfrage nach Kokain in Europa hoch ist und kriminelle Organisationen Zugang zu anfälligen Häfen und Geldwäschernetzwerken haben. Es bleibt also abzuwarten, welchen Weg Europa wählen wird, um das Problem der Drogen und der organisierten Kriminalität anzugehen. Solange keine Lösung gefunden wird, werden Organisationen wie die PCC weiterhin Gesetzeslücken ausnutzen, große Summen in Euro bewegen und Druck auf die Justiz- und Sicherheitssysteme von Ländern ausüben, die bisher nicht an ein solches Ausmaß transnationaler Kriminalität gewöhnt waren.

P.S.: Sind Sie bei Facebook? Dann werden Sie jetzt Fan von agência latinapress! Oder abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter und lassen sich täglich aktuell per Email informieren!

© 2009 - 2025 agência latinapress News & Media. Alle Rechte vorbehalten. Sämtliche Inhalte dieser Webseite sind urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung und Verbreitung nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung von IAP gestattet. Namentlich gekennzeichnete Artikel und Leser- berichte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Für Einsendungen und Rückmeldungen bitte das Kontaktformular verwenden.

Dies könnte Sie auch interessieren

Kommentarbereich

Hinweis: Dieser Kommentarbereich ist moderiert. Leser haben hier die Möglichkeit, Ihre Meinung zum entsprechenden Artikel abzugeben. Dieser Bereich ist nicht dafür gedacht, andere Personen zu beschimpfen oder zu beleidigen, seiner Wut Ausdruck zu verleihen oder ausschliesslich Links zu Videos, Sozialen Netzwerken und anderen Nachrichtenquellen zu posten. In solchen Fällen behalten wir uns das Recht vor, den Kommentar zu moderieren, zu löschen oder ggf. erst gar nicht zu veröffentlichen.

Für diese News wurde noch kein Kommentar abgegeben!

Ich erkläre mich damit einverstanden, dass meine eingegebenen Daten und meine IP-Adresse nur zum Zweck der Spamvermeidung durch das Programm Akismet in den USA überprüft und gespeichert werden. Weitere Informationen zu Akismet und Widerrufsmöglichkeiten.