Was den funktionalen Analphabetismus in Brasilien erklärt

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29 % der brasilianischen Bevölkerung zwischen 15 und 64 Jahren gelten als funktionale Analphabeten (FDoto: FreePik)
Datum: 13. Mai 2025
Uhrzeit: 16:04 Uhr
Leserecho: 0 Kommentare
Autor: Redaktion
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Eine kürzlich vom Indikator für funktionale Alphabetisierung (Inaf, 2025) veröffentlichte Zahl gibt Anlass zu großer Sorge: 29 % der brasilianischen Bevölkerung zwischen 15 und 64 Jahren gelten als funktionale Analphabeten. Das heißt, obwohl sie einfache Wörter und Sätze lesen können, sind diese Menschen nicht in der Lage, Texte zu verstehen, grundlegende Anweisungen zu befolgen oder einfache mathematische Operationen durchzuführen. Es handelt sich um eine kognitive Blockade mit direkten Auswirkungen auf die Bürgerrechte, die Beschäftigungsfähigkeit und das kritische Denken. Für den Neurowissenschaftler Fabiano de Abreu Agrela Rodrigues, Postdoktorand in Neurowissenschaften und Spezialist für Verhaltensgenomik, lässt sich dieses Phänomen durch eine funktionelle Desintegration zwischen bestimmten Regionen des Gehirns erklären, die für das Lesen, Verstehen und Denken zuständig sind.

„Der funktionale Analphabet liest, versteht aber nicht. Das liegt daran, dass es eine Kommunikationsstörung zwischen Strukturen wie dem dorsolateralen präfrontalen Kortex, der das logische Denken organisiert, und den temporalen und parietalen Bereichen gibt, die für Sprache und Kontext zuständig sind“, erklärt er. Die Studie zeigt auch, dass die Situation seit 2018 stagniert, was auf ein strukturelles Versagen des brasilianischen Bildungssystems hindeutet. Die schlechte Qualität des Unterrichts, wie die Daten von Saeb (2023) zeigen, verschärft das Problem. Die meisten Schüler der Sekundarstufe erreichen nicht das Mindestniveau in Portugiesisch. „Die Schule bildet keine Gehirne aus, die zum Interpretieren in der Lage sind. Sie lehrt das Lesen von Wörtern, aber nicht das Bilden von Sinn. Und das ist ein neurofunktioneller Mangel, nicht nur ein pädagogischer“, bemerkt der Neurowissenschaftler.

Seiner Meinung nach erfordert die Überwindung des funktionalen Analphabetismus einen integrierten Ansatz, der das Gehirn als ein sich entwickelndes System betrachtet. Die kognitive Bildung muss vor der formalen Alphabetisierung beginnen und durch Reize verstärkt werden, die die Integration von Sprache, Gedächtnis, Denken und Emotionen fördern. „Das Problem ist strukturell, aber auch zerebral. Rechtschreibfehler zu korrigieren ist irrelevant angesichts eines Gehirns, das nie darauf trainiert wurde, zu verstehen. Die Veränderung beginnt mit der Anerkennung dieser fehlerhaften Architektur“, erklärt Dr. Fabiano. Die Daten von Inaf 2025 zeigen nicht nur einen Zusammenbruch. Sie erfordern eine wissenschaftlich fundierte Antwort. Wahre Alphabetisierung ist in erster Linie ein neurobiologischer Prozess.

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