Sieben Länder in Lateinamerika, in denen die Menschenrechte am stärksten beeinträchtigt sind

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Die kubanischen Behörden unterdrücken weiterhin Dissidenten durch willkürliche Verhaftungen, Verschleppungen und Zensur (Foto: Archiv)
Datum: 21. Mai 2025
Uhrzeit: 06:00 Uhr
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Autor: Redaktion
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Lateinamerika erlebt eine der schwersten Menschenrechtskrisen seit Jahrzehnten. Der zivile Raum in der Region schrumpft rapide, von massiver Überwachung und willkürlichen Verhaftungen über politische Unterdrückung bis hin zu Verschleppungen und Straffreiheit für staatliche Gewalt. Der von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International veröffentlichte Bericht „The 2025 State of the World’s Human Rights“ zeigt das Ausmaß der Herausforderung. Sieben Länder – Haiti, Nicaragua, Venezuela, Mexiko, Kolumbien, Kuba und El Salvador – stehen im Epizentrum dieses autoritären Aufschwungs. Die Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus im Januar hat das Problem nur noch verschärft. In einem separaten Bericht, der in derselben Woche veröffentlicht wurde, argumentiert Amnesty, dass Trumps nationalistische Rhetorik und seine politischen Kehrtwenden starke Männer an der Macht ermutigt haben. Diese haben die internationale Rechenschaftspflicht untergraben und Menschenrechtsverletzungen auf dem gesamten Kontinent beschleunigt.

Hier sind die Länder, in denen die Angriffe auf die Menschenrechte am stärksten zu spüren sind.

1. Haiti

Nirgendwo ist der Zusammenbruch der Menschenrechte so deutlich sichtbar wie in Haiti. Bis Ende 2024 waren mehr als 700.000 Menschen – die Hälfte davon Kinder – aufgrund der eskalierenden Bandenkriminalität und des Staatszerfalls innerhalb des Landes vertrieben worden. Kriminelle Organisationen verübten regelmäßig Morde, sexuelle Gewalt und Angriffe auf Krankenhäuser und Schulen. Bei einem Massaker im Dezember 2024 in Cité Soleil, einem dicht besiedelten Stadtteil der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince, wurden mindestens 207 Menschen von der Bande Wharf Jérémie hingerichtet. Das Justizsystem funktioniert so gut wie gar nicht mehr. Unterdessen hat die Abschiebung von Haitianern aus den USA und der benachbarten Dominikanischen Republik stark zugenommen. Laut Amnesty wurden allein im Jahr 2024 fast 200.000 Menschen ohne ordentliches Verfahren zurückgeschickt. Trumps hartes Vorgehen gegen Migration, das als notwendig für die Grenzsicherheit dargestellt wird, hat diese Massenabschiebungen beschleunigt.

2. Nicaragua

Der nicaraguanische Diktator Daniel Ortega hat den Autoritarismus zu einer effizienten Unterdrückungsmaschine verfeinert. Seit 2018 wurden mehr als 5.000 zivilgesellschaftliche Gruppen, private Universitäten und Medien geschlossen. Davon 1.500 allein zwischen Januar und September 2024. Über 400 Kritiker wurden seit 2023 ihrer Staatsbürgerschaft beraubt, Dutzende Journalisten sind verschwunden oder wurden inhaftiert. Hunderten von evangelikalen Gruppen wurde der rechtliche Status entzogen. Im Jahr 2024 hat die Regierung abweichende Meinungen so stark kriminalisiert, dass ganze Teile der Zivilgesellschaft verschwunden sind. Indigene Gemeinschaften wurden unterdessen vertrieben und von regierungsnahen Milizen angegriffen, ohne dass die internationale Gemeinschaft darauf reagierte.

3. Venezuela

Venezuela bleibt in Unterdrückung versunken. Auf die „Präsidentschaftswahlen“ im Juli 2024, die von Despot Nicolás Maduro gestohlen wurden, folgten willkürliche Verhaftungen und Folterungen von Demonstranten – darunter auch Kinder. Unabhängige Journalisten wurden verhaftet und NGOs mit der Schließung bedroht. Viele Venezolaner flohen daraufhin aus dem Land. Verfolgungen und Verzweiflung über die Wahlergebnisse führten dazu, dass allein im September 2024 rund 20.000 Menschen durch den Dschungel des Darién Gap nach Norden flohen, ein Anstieg von 70 % gegenüber dem Vormonat. In Wirklichkeit dürften die Zahlen noch viel höher liegen. Eine Umfrage nach den Wahlen ergab, dass 43 % der im Land verbliebenen Menschen eine Auswanderung in Betracht ziehen, offizielle Daten wurden jedoch nicht veröffentlicht. Mehr als 7,8 Millionen Bürger haben Venezuela in den letzten zehn Jahren verlassen, rund 28 Millionen Menschen leben noch dort. Im Juni 2023 nahm der Internationale Strafgerichtshof seine Ermittlungen gegen das kriminelle Maduro-Regime wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit wieder auf. Das venezolanische Regime behindert jedoch weiterhin die Justiz. Da die Trump-Regierung kein Interesse an multilateralen Mechanismen hat, stehen die Bemühungen zur Wiederherstellung der Demokratie vor größeren Herausforderungen.

4. Mexiko

Die öffentliche Sicherheit in Mexiko ist gefährlich militarisiert. Durch eine Verfassungsänderung im September 2024, wenige Tage vor dem Ende der Amtszeit von Andrés Manuel López Obrador, wurde die Nationalgarde unter militärische Kontrolle gestellt. Dies hat zu weit verbreiteten Menschenrechtsverletzungen einschließlich außergerichtlicher Tötungen geführt. Allein im Jahr 2024 wurden neun Menschenrechtsverteidiger und vier Journalisten getötet. Die Regierung López Obrador hat die Pressefreiheit im eigenen Land untergraben. Sie hat es auch versäumt, Asylsuchende zu schützen. Und mit der Rückkehr Trumps ins Amt haben die Abschiebungen aus den USA nach Mexiko zugenommen. Rückkehrer sind oft der Gewalt und Ausbeutung durch Kartelle ausgesetzt.

5. Kolumbien

Kolumbien litt unter dem längsten Bürgerkrieg Lateinamerikas, der über 50 Jahre andauerte. Trotz der robusten institutionellen Rahmenbedingungen des Landes bleibt der Frieden weiterhin schwer zu erreichen. Im Jahr 2024 wurden über 195.000 Menschen von bewaffneten Gruppen gewaltsam festgehalten, und Landminen gefährden weiterhin mehr als 600.000 Zivilisten. Die Rekrutierung von Kindern, sexuelle Gewalt und gezielte Morde an ehemaligen Kämpfern der Rebellengruppe Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens (Farc) haben zugenommen. Unterdessen kommen die Fortschritte bei der Umsetzung des Friedensabkommens von 2016 nur langsam voran. Die Ermittlungen zu außergerichtlichen Tötungen durch das Militär dauern an, sind jedoch mit finanziellen Engpässen und politischem Widerstand konfrontiert. Trumps Rückzug der US-Unterstützung für Übergangsjustizmechanismen hat die internationale Rückendeckung für Kolumbiens fragile Versöhnungsbemühungen weiter geschwächt.

6. Kuba

Die kubanischen Behörden unterdrücken weiterhin Dissidenten durch willkürliche Verhaftungen, Verschleppungen und Zensur. Im Jahr 2024 wurden über 100 Menschen wegen Protesten verhaftet, viele von ihnen wurden zu selbstbelastenden Geständnissen vor der Kamera gezwungen. Unabhängige Medien und Aktivisten wurden ständig überwacht und schikaniert. Inmitten des wirtschaftlichen Zusammenbruchs sind innerhalb von zwei Jahren mehr als 18 % der Bevölkerung von der kommunistisch regierten KMaribikinsel geflohen. Diese Massenmigrationen führen oft zu gefährlichen Reisen und weitreichenden Familientrennungen. Die hausgemachte Wirtschaftskrise der inkompetenten und menschenverachtenden Diktatur wurde durch die unter Trump wieder eingeführten und verschärften US-Sanktionen noch verschärft.

7. El Salvador

Das Modell der Masseninhaftierung von Präsident Nayib Bukele zieht weiterhin weltweite Aufmerksamkeit auf sich. Seit 2022 wurden unter einem Ausnahmezustand, der Grundrechte und Rechtsgarantien aussetzt, fast 84.000 Menschen verhaftet. Überwachung, willkürliche Verhaftungen und öffentliche Demütigungen von Häftlingen sind an der Tagesordnung. Trumps lautstarke Bewunderungfür Bukeles „harte Linie gegen Kriminalität“ hat diesem gefährlichen Vorgehen internationale Legitimität verliehen.

Trumps Rückkehr ins Weiße Haus hat die Rückschläge im Bereich der Menschenrechte in ganz Lateinamerika verschärft. Sein Rückzug aus Menschenrechts- und Klimaabkommen hat autoritäre Regime ermutigt, Dissidenten zu unterdrücken und ihre Politik der Ausbeutung von Ressourcen ohne Angst vor Druck oder Rechenschaftspflicht seitens der USA zu beschleunigen. Lateinamerikanische Migranten in den USA sind ebenfalls mit einer Zunahme von Massenabschiebungen konfrontiert. Die Rhetorik, die Migranten als Kriminelle darstellt, hat Fremdenfeindlichkeit geschürt und umfassende Razzien gegen Einwanderer sowie politische Rückschritte ermöglicht. Zufluchtsstädte wie Chicago wurden ins Visier genommen und der rechtliche Schutz für Einwohner ohne Papiere ausgehöhlt.

Die aktuelle Entwicklung in Lateinamerika deutet nicht nur auf eine Tendenz zur Repression hin, sondern auch auf eine Normalisierung staatlicher Gewalt. Zwar ist der lokale Widerstand insbesondere unter Basisaktivisten und in der Zivilgesellschaft nach wie vor stark, doch wurde die internationale Solidarität durch geopolitische Verschiebungen geschwächt. Der Region droht eine neue Ära autoritärer Resilienz, in der die Verteidigung der Menschenrechte nicht nur gefährlich, sondern auch aussichtslos ist.

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