Deutsches Gericht weist Klimaklage eines peruanischen Bauern gegen RWE ab

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Die Laguna Palcococha liegt in der Region Ancash in der Hochgebirgskette Cordillera Blanca auf einer Höhe von 4.566 Meter über dem Meeresspiegel (Foto: GoBPeru)
Datum: 28. Mai 2025
Uhrzeit: 18:14 Uhr
Ressorts: Natur & Umwelt, Peru
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Autor: Redaktion
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Ein deutsches Gericht hat am Mittwoch (28.) die Klage eines peruanischen Bauern auf Schadenersatz von dem deutschen Energieversorger RWE wegen angeblicher Gefährdung seines Hauses durch den Klimawandel abgewiesen. Demnach war die Schadensrisikoeinschätzung zu gering, um den Fall weiter zu verfolgen. Das Gericht erklärte, dass in dem seit zehn Jahren anhängigen und viel beachteten Fall des Bauern Saul Luciano Lliuya keine Berufung möglich sei. Dieser hatte geltend gemacht, dass die Emissionen von RWE zum Abschmelzen der Andengletscher und damit zu einer höheren Überschwemmungsgefahr für sein Haus beigetragen hätten. Der vorsitzende Richter Rolf Meyer am Gericht in der westdeutschen Stadt Hamm erklärte, die von Experten geschätzte 30-jährige Schadenswahrscheinlichkeit für das Haus des Klägers von 1 % reiche nicht aus, um den Fall weiter zu verfolgen.

Prerssemitteilung des Gerichts

Ein bedeutender Prozess im Rahmen der aktuellen Klimawandel-Debatte ist heute am Oberlandesgericht Hamm zu Ende gegangen. Nach intensiver Beweisaufnahme, die unter anderem eine mehrtägige Ortsbesichtigung in Peru im Mai 2022 und eine zweitägige Anhörung von Sachverständigen in Hamm im März 2025 umfasste, hat das Gericht die Berufung des Klägers nunmehr zurückgewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig, eine Revision wurde nicht zugelassen.

In der mündlichen Urteilsbegründung erklärte der Vorsitzende Richter Dr. Rolf Meyer, dass der Kläger möglicherweise einen Anspruch nach § 1004 BGB gegen die Beklagte haben könnte. Falls eine Beeinträchtigung drohe, könne der Verursacher von CO₂-Emissionen verpflichtet sein, Maßnahmen zur Verhinderung zu ergreifen. Verweigere er dies endgültig, könne bereits vor dem Entstehen tatsächlicher Kosten fest-gestellt werden, dass er für diese entsprechend seinem Emissionsanteil aufkommen müsse – wie es der Kläger fordere.

Allein die große Entfernung zwischen den Kraftwerken der Beklagten und dem Wohnort des Klägers in Peru sei kein ausreichender Grund, die Klage als unbegründet einzustufen. Besonders hob der Vorsitzende Richter hervor, dass eines der Argumente der Beklagten unzutreffend sei: Die Rechtsauffassung des Gerichts bedeute nicht, dass künftig jeder einzelne Bürger rechtlich belangt werden könne. Dem stünde entgegen, dass Verursachungsbeiträge einer einzelnen Person derart geringfügig seien, dass sie keine Haftung begründen können. Ebenso könne sich die Beklagte nicht auf ihren nach deutschen Gesetzen bestehenden Versorgungsauftrag berufen, um eine Duldung von Beeinträchtigungen des Eigentums des in Peru lebenden Klägers zu rechtfertigen.

Dennoch wurde die Berufung des Klägers zurückgewiesen, da die Beweisaufnahme ergab, dass keine konkrete Gefahr für sein Grundstück besteht. Die Wahrscheinlichkeit, dass überhaupt Wasser des Gletschersees das Haus des Klägers innerhalb der nächsten 30 Jahre erreiche, liege bei nur etwa einem Prozent – ein Wert, der als zu gering angesehen wurde. Hinzu komme, dass im Falle eines solchen Ereignisses die Folgen für das Haus des Klägers kaum ins Gewicht fallen würden, weil lediglich eine Flutwelle das Haus erreichen wird in einer Höhe von wenigen Zentimetern und einer Fließgeschwindigkeit, die nicht in der Lage sei, die Konstruktion des Hauses zu gefährden.

Einwendungen des Klägers gegen die gutachterliche Methode dieser Gefahrenbeurteilung ließ das Gericht nicht gelten. Das Gericht folgte der Einschätzung des Sachverständigen, der eine konkrete Gefahrenanalyse auf Basis der örtlichen Gegebenheiten für sachgerecht hielt. Die vom Kläger bevorzugte allgemeine statistische Bewertung, insbesondere die Einbeziehung eines „Klimafaktors“ zur Erhöhung der Eintrittswahrscheinlichkeit, wurde hingegen abgelehnt.

Bei dieser Sachlage kam es nicht mehr darauf an, dass die vom Sachverständigen in seinen Berechnungen getroffenen Annahmen insgesamt den Kläger begünstigen. So blieb der vorgelagerte Flachwasserbereich unberücksichtigt, die Höhe der talseitigen Barriere wurde zu niedrig angesetzt und es wurde eine ungehinderte Ausbreitung der Wellen zugrunde gelegt. Auch die Möglichkeit zur Absenkung des Pegels des Sees durch die Behörden wurde nicht berücksichtigt. Das tatsächliche Risiko läge daher – so das Gericht – noch deutlich unterhalb der Wahrscheinlichkeit von einem Prozent.

Das anonymisierte Urteil des Oberlandesgerichts sowie das diesem zugrunde liegende anonymisierte Urteil des Landgerichts Essen werden in die Rechtsprechungsdatenbank www.nrwe.de eingestellt werden.

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