Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz sorgte in der Europäischen Union für Verwirrung, als er erklärte, dass das Handelsabkommen mit dem Mercosur bereits die Zustimmung aller europäischen Staats- und Regierungschefs habe. Seine Äußerungen standen im Widerspruch zur offiziellen Version des Europäischen Rates, der die Existenz einer formellen Abstimmung dementierte. Der Vorfall spiegelt die internen Spannungen wider, die mit der Ratifizierung des Abkommens mit dem südamerikanischen Block einhergehen, einem Projekt, das seit mehr als zwei Jahrzehnten verhandelt wird und die 27 Mitgliedstaaten aufgrund seiner wirtschaftlichen, landwirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen nach wie vor spaltet.
Sofortige Dementi seitens des Europäischen Rates
Nach dem Gipfeltreffen am Donnerstag in Brüssel erklärte Merz vor der Presse: „Wir haben abgestimmt, das Abkommen mit dem Mercosur kann nun in Kraft treten” und versicherte, dass die politische Zustimmung die Unterzeichnung des endgültigen Textes noch vor Jahresende ermöglichen würde. António Costa, Präsident des Europäischen Rates, stellte jedoch sofort klar, dass sich das Treffen auf einen fachlichen Austausch über die Übersetzungen des Textes beschränkt habe und dass keine formelle Entscheidung getroffen worden sei. In Berlin bestätigte der stellvertretende Regierungssprecher Sebastian Hille diese Darstellung und präzisierte, dass die Botschafter der Mitgliedstaaten lediglich die Anweisung erhalten hätten, die für eine mögliche Unterzeichnung erforderlichen „technischen Vorbereitungen” zu treffen. Der französische Präsident Emmanuel Macron, ein regelmäßiger Kritiker des Abkommens, zeigte sich ebenfalls überrascht über die Äußerungen von Merz und wies darauf hin, dass die Arbeit fortgesetzt werde, aber „das Abkommen noch nicht abgeschlossen” sei.
Der lange Weg zum EU-Mercosur-Abkommen
Die Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den vier Ländern des Mercosur – Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay – begannen 1999 und wurden nach mehreren Jahren der Stagnation wieder aufgenommen. Im Dezember 2024 gab die Europäische Kommission eine politische Einigung über den Handelspfeiler bekannt, der nun einer rechtlichen Überprüfung, Übersetzung und parlamentarischen Genehmigung unterzogen werden muss. Obwohl die Verhandlungen abgeschlossen sind, muss der Text noch vom Europäischen Parlament und den 27 Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Frankreich, Irland und Österreich haben Vorbehalte wegen möglicher Auswirkungen auf die Umwelt und die europäische Landwirtschaft. Deutschland, Spanien und Portugal hingegen befürworten eine beschleunigte Ratifizierung, da sie der Ansicht sind, dass dies die Präsenz Europas in Lateinamerika gegenüber China und den USA stärken würde. Der Prozess könnte sich bis 2026 hinziehen, wenn es sich letztendlich um ein gemischtes Abkommen handelt, das in jedem Land ratifiziert werden muss. In diesem Fall könnte jedes nationale Parlament das Inkrafttreten des Abkommens blockieren.
Auswirkungen für Spanien und Lateinamerika
Für Spanien würde das Abkommen eine Erweiterung der Märkte für den Agrar- und Industriesektor bedeuten, insbesondere in Exportregionen wie Extremadura oder Andalusien, die Handelsbeziehungen zu Brasilien und Argentinien unterhalten. Das Abkommen zielt darauf ab, die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Europa und Lateinamerika vor dem Hintergrund des zunehmenden globalen Wettbewerbs zu fördern. Die europäischen Agrarsektoren warnen jedoch vor einem möglichen Anstieg des Wettbewerbs bei Produkten wie Fleisch und Soja, was die Vorsicht einiger Regierungen geschürt hat.
Die durch die Äußerungen von Friedrich Merz ausgelöste Verwirrung macht deutlich, wie fragil der Konsens über das Abkommen mit dem Mercosur ist. Obwohl Brüssel betont, dass die endgültige Entscheidung noch nicht getroffen wurde, markiert die diplomatische Initiative, die Unterzeichnung noch vor Jahresende vorzubereiten, eine neue Phase in den Verhandlungen, die die europäische Handelspolitik in Lateinamerika bestimmen werden.







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