Brasilien könnte das erste große Land der Welt werden, das den Bitcoin offiziell in seine Währungsreserven aufnimmt. Das wäre ein Schritt, der geopolitisch ebenso bedeutsam, wie aber auch wirtschaftlich riskant wäre. Bis zu 5 Prozent der gesamten Reserven sollen in die Kryptowährung fließen. Dabei würde es sich um ein Volumen handeln, das in der globalen Kryptogeschichte einzigartig wäre. Während die Befürworter von „digitalen Gold“ sprechen, warnen die Kritiker vor einem gefährlichen Experiment.
Kommt jetzt die milliardenschwere Bitcoin-Reserve?
Brasiliens Unterhaus bereitet sich wohl auf einen politischen Meilenstein vor. Bereits am 20. August fand die erste öffentliche Anhörung zur Einrichtung einer nationalen Bitcoin-Reserve statt – ein Projekt, das das Land zu einer der ersten großen Volkswirtschaften machen könnte, die offiziell die Kryptowährung Bitcoin hält. Die Grundlage der Debatte ist die Gesetzesvorlage 4501/2024, die vorschlägt, bis zu 5 Prozent der nationalen Währungsreserven in die Kryptowährung zu investieren. Bei aktuell rund 300 Milliarden US Dollar an Reserven entspräche dies einer Bitcoin-Kaufkraft von rund 15 Milliarden US Dollar. Das würde bedeuten, hier könnte der größte staatlich initiierte Kryptokauf der Welt möglich sein.
Der Gesetzentwurf stammt vom brasilianischen Abgeordneten Eros Biondini, der diesen bereits im November 2024 eingebracht hat. Sein zentrales Argument: Brasilien soll seine Reserven vor Währungsturbulenzen und globalen Schocks schützen und sich zugleich unmissverständlich im digitalen Finanzwesen positionieren. Vorgesehen ist die Einrichtung der „staatlichen strategischen Bitcoin-Reserve“, die unter dem Kürzel RESBit firmieren soll. Die Zentralbank und das Finanzministerium würden das Portfolio gemeinsam verwalten. Der Staat würde den Bitcoin nicht auf einmal kaufen, sondern Schritt für Schritt zu programmierten Zeitpunkten.
Ein weiterer Kernpunkt des Entwurfs betrifft zudem auch die Sicherheit. Die Bestände der Kryptowährung sollen ausschließlich in Cold Wallets liegen. Das sind Speichermedien, die komplett offline sind und nicht gehackt werden können. Die Vertreter der Behörden, die gegen die Auflagen verstoßen oder Mittel missbrauchen würden, müssen strafrechtlich verfolgt werden.
Rückhalt kommt aus Teilen der Regierung. Pedro Giocondo Guerra, der Stabschef von Vizepräsident Geraldo Alckmin, nannte Bitcoin „digitales Gold“ und erklärte, die Diskussion über eine staatliche Bitcoin-Reserve sei der Baustein für „zukünftigen Wohlstand des Landes“. Doch es gibt aber auch einen entscheidenden Widerstand. Nilton David, der geldpolitischer Direktor der Zentralbank, hält die Idee für falsch und argumentiert gegen Kryptowährungen in nationalen Reserven.
Südamerika befindet sich im Krypto-Boom
Der brasilianische Vorstoß kommt in einer Region, die sich in den letzten Jahren zu einem der globalen Hotspots für Kryptowährungen entwickelt hat. Zuletzt hat Südamerika ein Wachstum bei Krypto-Aktivitäten von rund 42,5 Prozent verzeichnet. Das ist ein Wert, der die Region zur zweitdynamischsten Kryptozone der Welt gemacht hat. Die Gründe dafür sind struktureller Natur: hohe Inflation, schwache Währungen, finanzielle Instabilität und mangelnder Zugang zu Bankdienstleistungen.
In Argentinien, einem Land, das seit Jahrzehnten mit extremen Inflationsschüben zu kämpfen hat, wechseln viele Menschen ihre Gehälter noch am Tag der Auszahlung in digitale Dollar um, damit Wertverluste vermieden werden. Das Land weist inzwischen eine Krypto-Besitzquote von 18,2 Prozent auf – das ist zugleich auch der höchste Wert Lateinamerikas. Der im Jahr 2023 gewählte Präsident Javier Milei, der sich selbst als Anarchokapitalist bezeichnet, richtete seine Politik offen kryptofreundlich aus. Er will den Argentiniern die freie Wahl der Währung ermöglichen – natürlich inklusive Bitcoin. Unter ihm sank die monatliche Inflation von 25,5 Prozent im Dezember 2023 auf 2,7 Prozent im Oktober 2024. Gleichzeitig stieg jedoch die Armutsquote auf 53 Prozent. Das ist ein Effekt seiner drastischen Kürzungspolitik.
Milei verfolgt dennoch einen anderen Ansatz als Brasilien. Während Brasiliens Gesetz eine staatliche Bitcoin-Reserve vorsieht, setzt Argentinien hingegen auf den freien Wettbewerb der Währungen. Es ist ein deutlicher Kontrast zu El Salvador, das den Bitcoin im Jahr 2021 zum gesetzlichen Zahlungsmittel erklärte. Die salvadorianische Bevölkerung jedoch verweigerte dem Experiment weitgehend die Akzeptanz: Bis zum Jahr 2024 haben laut Befragungen 92 Prozent der Menschen den Bitcoin nicht im Alltag genutzt. Sicherheitsprobleme in der staatlichen Wallet und massiver Druck des Internationalen Währungsfonds führten dann im Januar 2025 schließlich dazu, dass der gesetzliche Status wieder abgeschafft wurde. El Salvador hält dennoch über 6.000 Bitcoin im Wert von rund 569 Millionen US-Dollar.
Mehr als nur Spekulation
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