In Venezuela ist die Produktion von Fahrrädern faktisch zum Erliegen gekommen. Im ganzen Land stehen die Fahrradhersteller vor einer fast unlösbaren Situation: zum einen fehlen wichtige Montageteile, zum anderen haben 60 Prozent der Betriebe bislang kein notwendiges Produktionszertifikat (CPN) seitens des Ministeriums für Wissenschaft und Technologie erhalten.
In Venezuela wird bislang kein einziges Teil eines Fahrrads direkt hergestellt. Die kleinen und mittleren Betriebe müssen sämtliche Montageteil im Ausland beschaffen und haben daher in den letzten sieben Jahren lediglich 10 Prozent ihrer Kapazitäten tatsächlich nutzen können. Im Sozialismus des 21. Jahrhunderts unter der Führung von Staatspräsident Hugo Chávez ist nach Auffassung des Industrieverbandes für Fahrräder „Cavebici“ das beliebte Transportmittel inzwischen zu einem Luxusgut geworden.
Vor allem die Zoll- und Steuerverwaltung „Seniat“ treibt laut Verbandspräsident Julio Peña die Unternehmen in die Enge. Zertifiziert würden ausschliesslich Betriebe, die mit ausländischen Währungen gemäss der Devisenkommission „Cadivi“ arbeiten würden und nicht diejenigen, die den US-Dollar direkt verwenden. „Nur wenn man über die Cadivi abrechnet (und das Geld über die Zentralbank umtauscht, Anm. d. Red.), hat man eine Chance, die notwendigen Dokumente zu erhalten. Aber in 80 Prozent aller Fälle sagen sie, dass es sehr teuer ist und fordern in Rekordzeit jede Menge schwierig zu beschaffender Unterlagen, da die Container nur 15 Tage im Hafen bleiben und das dann die Kosten auch noch einmal um 10 bis 15 Prozent erhöht“ so Peña über die Problematik beim Import der notwendigen Montageteile wie Pedale, Sättel oder Zubehör.
Auch werde seitens der Behörden bei der Festlegung des Preises für ein Produkt nie hinterfragt, welche Materialien eigentlich für die Produktion benötigt werden. Peña ist laut eigenen Angaben nun seit über 10 Jahren in diesem Sektor tätig und sämtliche Mitarbeiter der „Seniat“ hätten absolut keinen blassen Schimmer von der Thematik. Alleine in den vergangenen acht Monaten sei der Stahlpreis in Venezuela auf 87 Prozent des Weltmarktpreises angestiegen. Importierte Kunststoffprodukte hätten zudem eine Preissteigerung von 75 Prozent erfahren. „Wie soll ich einen Mitarbeiter beschäftigen, wenn das Produkt den gleichen Preis wie im Vorjahr hat, alles jedoch 60 Prozent teurer geworden ist? Wie sollen wir Arbeitsplätze schaffen, wenn wir die Rohmaterialien überhaupt nicht beschaffen können?“ beklagt Peña abschließend die prekäre Situation in der venezolanischen Fahrradindustrie.
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