Der lauteste Politiker des lateinamerikanischen Kontinents, der sich kontinuierlich von Feinden umgeben sieht, ist auf der Zielgeraden des Wahlkampfes eingebogen. In dieser Wahlschlacht, die von Beschimpfungen und Drohungen gegen die Opposition geprägt war, war Hugo Chávez Frías, Präsident von Venezuela, in den letzten Wochen omnipräsent.
Eigentlich verbietet das venezolanische Gesetz öffentlichen Funktionären Wahlkampf zu Gunsten einer Partei. Wer in Venezuela in den letzten Wochen sein TV-Gerat einschaltete, sah allerdings im wahrsten Sinne des Wortes rot. Das Gesetz gilt anscheinend nicht für den Präsidenten, der im roten Hemd und umgeben von rot gekleideten Anhängern ganze 105 Stunden über die staatlichen TV- und Rundfunksender seine Landsleute berieselte. Dabei lies es Chávez an gewohnt markigen Worten nicht fehlen: „Am 26.werden wir ein neues Kapitel unserer Geschichte schreiben, wir werden die Konterrevolution besiegen -wir werden sie zerbröseln“, lauteten die seit Jahren bekannten Parolen.
Die Wirtschaft schrumpft, die Inflation liegt bei über 30 Prozent. Venezuelas Wirtschaft ist die schlechteste in einer sonst boomenden Region. Die leistungsstärksten Volkswirtschaften Lateinamerikas und der Karibik finden sich laut einer Studie des Weltwirtschaftsforums (Global Competitiveness Report) in Chile, Puerto Rico, Barbados, Panama, Costa Rica und Brasilien. Venezuela ist dabei einsames Schlusslicht. Die einst blühende Wirtschaft des südamerikanischen Staates befindet sich im freien Fall und wird zum Bremsblock für eine ganze Region. Chávez hat alle wichtigen Wirtschaftszweige verstaatlicht. Folge: eine katastrophale Versorgungslage, obwohl zehntausende Tonnen Lebensmittel verfaulen. Schuld sind wie immer die anderen, denen der Präsident Sabotage vorwirft, die Beweise dafür allerdings schuldig bleibt.
Chávez ließ mehr als 170 Betriebe verstaatlichen, die Abfindungen dafür hat er bis heute nicht vollständig gezahlt. Bewohner müssen für Lebensmittel stundenlang anstehen, des öfteren gehen im ganzen Land die Lichter aus. Nach einem Bericht der Zeitung “El Nacional” wurden 2009 in Venezuela 19.113 Morde verübt. Auf die Einwohnerzahl des südamerikanischen Landes umgerechnet starben damit 75 von 100.000 Bewohner durch Gewalt. Dies ist die höchste pro Kopf Mordrate der Welt. Laut einer Studie des Nationalen Instituts für Statistik (INE), veröffentlicht in der Zeitung El Nacional, wurden 2009 in Venezuela 16.917 Personen entführt.
Trotzdem erwartet Hugo Chávez ein ruhiger Wahlsonntag, der höchstens durch den Tropensturm Matthew getrübt wird. Der charismatische Führer ist mit Zustimmungsraten von über 40 Prozent weiter der beliebteste Politiker des Landes und kann damit rechnen, die Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament zu behalten. Dies nicht zuletzt dadurch, dass er in weiser Voraussicht den Zuschnitt einer Reihe von Wahlkreisen verändert hat, was nun seinen Kandidaten bei den morgigen Wahlen zu Gute kommen wird.
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