Wahldebakel für Chávez: Regierungsbündnis verfehlt auch 3/5-Mehrheit

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Datum: 27. September 2010
Uhrzeit: 17:06 Uhr
Leserecho: 6 Kommentare
Autor: Dietmar Lang
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► "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" gerät ins Wanken

Staatspräsident Hugo Chávez dürfte sich trotz seiner Siegesbekundungen derzeit als grosser Verlierer der Parlamentswahlen in Venezuela sehen. Sein Regierungsbündnis aus Vereinter Sozialistischer Partei Venezuelas (PSUV), Kommunistischer Partei (PCV) und Venezolanischer Volkseinheit (UPV) kommt nach letzten Informationen lediglich auf 98 Sitze im Einkammer-Parlament in Caracas. Damit verfehlt Chávez um eine Stimme sogar eine Drei-Fünftel-Mehrheit, welche ihm das Regieren per Dekret ermöglicht hätte. Die Opposition kommt auf 67 Sitze, rechnet man die zwei Mandate der Unabhängigen Partei PPT mit hinein. Der von den Chavisten propagierte „Sozialismus des 21. Jahrhundert“ gerät damit weiter ins Wanken.

Stunden zuvor hatte CNE mit mehr als sechsstündiger Verspätung erste Zahlen veröffentlicht, welche bereits zu Begeisterungsstürmen bei den zahlreichen Oppositionsparteien vom „Tisch der demokratischen Einheit“ sorgten. Danach hatte das linkspopulistische Staatsoberhaupt sein Wahlziel einer komfortablen Zwei-Drittel-Mehrheit klar verfehlt. Der Urnengang vom Sonntag darf auch als Test der kommenden Präsidentschaftswahl im Jahr 2012 verstanden werden. Steigende Armut, schlechte Wirtschaftsdaten, galoppierende Inflation und hohe Kriminalitätsraten haben das Land in den vergangenen Monaten schwer gebeutelt, die Popularität Chávez, der erneut für das höchste Staatsamt kandidieren will, hat darunter massiv gelitten.

Als klarer Wahlsieger darf sich damit die Opposition sehen. Nach internen Berechnungen kommt das Bündnis aus rund 30 Parteien landesweit auf 52 Prozent der Stimmen. Allerdings hatte die alles dominierende Regierung durch die Veränderung der Wahlkreise und einer unterschiedlichen Gewichtung der dortigen Bevölkerung erst in den letzten Monaten einer drohenden Machtübernahme einen Strich durch die Rechnung gemacht. Vor allem in Bezirken, in denen die Opposition traditionell stark war, erhielt sie nun trotz höherer Stimmanteile weniger Mandate für die Nationalversammlung. Mit 48 Prozent Wählerstimmen kommt daher das Bündnis aus Sozialisten und Kommunisten auf 60 Prozent der Mandate.

Während des überwiegend ruhigen Wahlverlaufes soll es am Sonntag allerdings auch zu massiven Unregelmässigkeiten gekommen sein. In zahlreichen Wahllokalen versagte das elektronische und angeblich manipulationssichere computerisierte Wahlsystem, Freiwillige zählten noch Stunden nach Schliessung der Wahllokale die Stimmzettel per Hand aus. Zudem soll es zahlreiche Phantomwähler gegeben haben. So finden sich im Wahlverzeichnis ungewöhnliche Namen wie „Valor Perez Superman Ramon“, „Batman Batman Eduardo“ oder auch „Salamanca Chavista Martha Cecilia“. Über 1.000 Beschwerden gingen laut Angaben der Nichtregierungsorganisation „Impunidad Cero“ im Laufe des Sonntags ein, ein Grossteil betrifft Fehlfunktionen bei den Abstimmungsgeräten.

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Kommentarbereich

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  1. 1
    togo

    60% der Sitze sind ein Wahldebakel? Die meisten Regierungen würden sich so ein Debakel für ihre Parteien wünschen :-)

    Zum Vergleich: Bei der letzten Wahl bei der auch die Opposition teilnahm hatte das Regierungslager weniger Mandate als jetzt

  2. 2
    Wollerau

    @togo
    Als klarer Wahlsieger darf sich damit die Opposition sehen. Nach internen Berechnungen kommt das Bündnis aus rund 30 Parteien landesweit auf 52 Prozent der Stimmen. Allerdings hatte die alles dominierende Regierung durch die Veränderung der Wahlkreise und einer unterschiedlichen Gewichtung der dortigen Bevölkerung erst in den letzten Monaten einer drohenden Machtübernahme einen Strich durch die Rechnung gemacht.

    Schönredner sind aus Zeiten der Ostzone bekannt—und ich empfinde Abscheu vor diesen Typen

  3. 3
    Patriot

    „togo“ fehlt jeglicher Realitätsinn – wie eben allen roten Socken….
    Erst wird das Land völlig in den Abgrund gewirtschaftet, dann darf das „böse“ kapitalistische System wieder alles herrichten…
    Ein alter Hut…, aber wahrscheinlich ist er eben einer dieser korrupten und geldgeilen Chavistas der im Nobelviertel von Caracas seinen Whisky (18 Jahre gereift) und die Havanna genießen und über das ungebildete und faule Völklein lacht…So long

  4. 4
    roland-g

    @togo

    wenn man sich mit einer Minderheit (48%) eine Mehrheit (60%) im Parlament sichern kann, stinkt da etwas gewaltig.

    Falls sich Ihre Aussage „Bei der letzten Wahl bei der auch die Opposition teilnahm hatte das Regierungslager weniger Mandate als jetzt“ auf die letzten Parlamentswahlen beziehen, muss ich Sie enttäuschen. Diese wurde von der Opposition boykottiert und es saßen ausschließlich Chavez-Anhänger im Parlament.

  5. 5
    Gast.

    Jetzt ist die Politikmuedigkeit verschwunden die Wahl hat Auftrieb
    gegeben ,das jemand von den Roten in den braunen Socken bestraft
    wird glaube ich kaum.Ich weiss nicht was Herr Togo raucht aber
    er solte mal was anderes probieren.
    Gast.

  6. 6
    Gast

    Ich würde „togo“ mal empfehlen hier zu leben, LEBEN kein Urlaub. Am besten 23 de enero, nur´n halbes Jahr und ohne einen pösen pösen US-Dollar in der Tasche. Ich wünsche viel Spaß!!!

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