Die Bergung der verschütteten 33 Kumpel in der Mine San José in Chile kommt gut voran. Gegen Mittwochmittag Ortszeit konnten bereits 15 Bergleute mit der Rettungskapsel „Phoenix 2“ sicher nach oben gebracht werden. Mehr als zwei Monate hatten sie in rund 624 Meter Tiefe ausgeharrt, nun betraten sie mit Spezialbrillen ausgestattet und unter dem Jubel ihrer Angehörigen wieder die Erdoberfläche.
Die emotionale Spannung des wochenlangen Bangen und Hoffens verflog kurz nach Mitternacht Ortszeit (5h MESZ). Um 0:11 Uhr – mit leichter Verspätung im anvisierten Zeitplan und nach weiteren Tests – stieg mit Florencio Ávalos der erste Kumpel aus der vier Meter langen Rettungskapsel. Neben Frau und Sohn war Staatspräsident Sebastián Piñera einer der ersten Gratulanten am Bohrloch. Das Staatsoberhaupt war bereits am Nachmittag angereist und hatte zugesichert, so lange am Unglücksort zu verweilen, bis der letzte Kumpel in Sicherheit sei.
„Wir haben alles menschenmögliche getan, aber wir wissen auch, dass das Leben der Bergleute in den Händen Gottes lag. Heute sind wir nach vielen Etappen am Ende dieser lange Geschichte angelangt“ so Sebastián Piñera gegenüber Presse und Angehörigen. Im Zeltlager in der Atacama-Wüste hatten sich mittlerweile über 4.000 Menschen eingefunden, dutzende Fernsehstationen berichteten live über die waghalsige Rettungsaktion.
Rund 8 Millionen Euro kostet das Unterfangen, die Kumpel aus ihrem unterirdischen Gefängnis zu befreien, in dem sie 69 Tage ausharren mussten. Jeder der Bergleute hat seine eigene Geschichte, längst sind sie „Helden der Nation“. Es gibt den „Ältesten“, den „Sportler“, den „Poeten“. Brüder waren unter Tage gefangen, Neulinge genauso wie Erfahrene. Mit jedem neuen Arbeiter der Gold- und Kupfermine, der nun den staubig heissen Wüstensand betritt, wird das Wunder ein bisschen grösser. Erst über 2 Wochen nach dem Unglück war ein Lebenszeichen aus Berg gekommen, viele Angehörige hatten zu diesem Zeitpunkt die Hoffnung bereits aufgegeben.
Die Ausarbeitung des Rettungsplans dauerte noch einmal sechs Wochen. Drei Löcher wurden von verschiedenen Firmen gebohrt, eines davon schließlich auf 60 Zentimeter Durchmesser erweitert. An der Oberfläche wirkt es so unscheinbar wie ein Kanaldeckel, doch es ist das Rohr in die Freiheit. Die Kumpel wurden fit gemacht für den Aufstieg sowie psychologisch betreut. Spezialisten der Nasa mit Erfahrungen bei Isolationsprojekten für lange Weltraummissionen standen den Psychologen vor Ort zur Seite, internationale Anteilnahme stärkte die Moral zusätzlich.
Nun könnte der Spuk bereits in der kommenden Nacht ein Ende finden. Nur die Technik muss noch durchhalten. Die in den chilenischen Nationalfarben lackierte Rettungskapsel ist bereits schon arg in Mitleidenschaft gezogen worden. Mehrfach hatte sich die Tür verbeult und musste gerichtet werden, der Lack ist an zahlreichen Stellen zerkratzt. Sie wird wohl ihren letzten Platz in einem Museum finden, welches mit Sicherheit an die Ereignisse erinnern wird. Nach Aussage von Staatspräsident Piñera ist zudem die Errichtung einer Gedenkstätte geplant.
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