Auswandern nach Bolivien: Das Ende einer Geschichte ist auch der Beginn einer Neuen

sascha

Datum: 27. Dezember 2010
Uhrzeit: 05:29 Uhr
Leserecho: 3 Kommentare
Autor: Sascha Blodau
Sprachkurs Spanisch (Südamerika)

Für mich gab es viele Gründe auszuwandern. Es sind zu viele, als dass ich sie hier alle einzeln aufzählen könnte- und täglich kommen neu hinzu. Ja, man kann sich damit auch verrückt machen. Am Ende sieht man in Alles einen Grund einfach abzuhauen. Kann sein, dass man sich vieles einfach nur schlecht redet oder denkt. Aber für mich war eines ganz Sicher, und dies betraf meine spezielle Lebenssituation. Ich war in meinem Berufsleben immer als selbstständiger Kaufmann tätig- auf den An und Verkauf von Antiquitäten und mobilen Wertgegenständen bin ich spezialisiert. Die Wirtschaft ließ nach und es brachte nicht mehr genug zum Leben ein, zumindest nicht für eine vierköpfige Familie.

Leider kann ich mir für meine Zeit als Kaufmann keinen Ingenieurstitel umhängen, jedenfalls wäre der nichts wert, so dass ich auf dem normalen Arbeitsmarkt automatisch nur als geringqualifiziert da stehe. Und davon gibt es in Deutschland, dank seiner großzügigen Einwanderungspolitik bekanntlich genug. Es gab für uns nur die drei Alternativen: Entweder für 350Euro im Monat bei einem Billiglohn-Discounter Kisten stapeln, Hartz-IV und Ein-Euro-Jobs bis zum Renteneintritt, oder eben in ein Wirtschaftssystem, welches anders gestrickt ist. Bolivien war zufällig das Heimatland meiner Frau und es war nach meinem Empfinden nicht schlecht genug, um nicht dort einmal einen Neuanfang zu riskieren.

Und da sind wir nun, angekommen in Bolivien. Die ersten Tage und Wochen kann man kaum wiederstehen, mal ein wenig in diesem Land Urlaub zu machen. Der Euro ist hier ganz ergiebig. Man kann in etwa rechnen, dass man mit einem Drittel an Lebenskosten, verglichen mit Deutschland, gut hinkommt. Die Lebensmittel wie Eier, Fleisch, Butter, Milchprodukte, Obst und Gemüse sind hier von sehr hochwertiger Qualität, man schmeckt die Vitamine und die Sonne regelrecht heraus.Die Papayas sind hier so groß wie Kürbisse, auch die Ananas ist hier fast doppelt so groß wie in Deutschland. Das ganze Obst schmeckt richtig süß und saftig. Das Gemüse hat ein sehr intensives Aroma und wenn man Speisen daraus zubereitet gelingen sie einem so gut wie garantiert, selbst wenn man darin nicht besonders erfahren ist. Bei solch hochwertigen Früchten schmeckt der Obstsalat auch wenn man den sonst zusätzlich rein geschütteten Zucker vergisst.

Selbst hochwertige Import-Artikel sind hier wesentlich günstiger. Zum Beispiel kostet eine Flasche guter Scotch Whisky hier in etwa 10 Euro. In Deutschland kann man locker mit dem doppelten rechnen. Aber wir sind nicht hier um Urlaub zu machen. Wir wollen hier leben, für längere Zeit, vielleicht für immer. Noch wissen wir es nicht genau. Eine Wohnung haben wir uns schon im Vorfeld unserer Auswanderung gesichert. Mein Schwager hatte erfahren, dass direkt in der Nachbarschaft ein Haus mit mehreren Wohneinheiten neu gebaut wird. So hatte er dann nach kurzer Absprache eine Wohnung für uns reserviert.

Hier in La Paz werden Wohnungen selten gemietet, nur bei kurzen Aufenthalten. Im Allgemeinen wird hier das bei uns in Europa unbekannte Mietsystem „Anticretico“ angewendet. Diese bolivianische Form des durch Pfand gesicherten Privatkredites funktioniert in etwa auf die folgende Art und Weise: Sie leihen einem Immobilieneigentümer eine größere Summe Bargeld, meistens eine Summe von fünfzehntausend Dollar oder mehr, je nach Größe und Lage der Wohnung, für den Zeitraum von mindestens einem Jahr. Damit erwerben Sie für dieses Jahr das Nutzungsrecht an seiner Immobilie. Dieses Nutzungsrecht sind Ihre „Zinsen“. Der Vertrag verlängert sich automatisch für ein Jahr, wenn er nicht gekündigt wird.

Wenn Sie dann mal wieder weg ziehen wollen, müssen Sie es dem Eigentümer rechtzeitig sagen, damit er Ihnen nach Ablauf der Vertragsfrist das angelegte Geld zurück geben kann. Oder Sie suchen selbst einen Wohnungsinteressenten, der Ihnen das Geld gibt und die Wohnung übernimmt. Kann der Kreditnehmer nach Ablauf der Frist das Geld nicht zurückzahlen, können Sie den Vertrag beliebig verlängern oder auf Ihr Geld bestehen. Im letzteren Fall wird die Wohnung amtlich geschätzt.

Sie können dann das Objekt zum Schätzpreis erwerben. Dieser Schätzpreis liegt meistens erheblich unter dem tatsächlichen Marktwert. Hintergrund dieser Anticretico Sache sind die extrem hohen Kredit- und Hypothekenzinsen in Bolivien, wenn man überhaupt als kreditwürdig eingestuft wird, was oft das größere Problem ist. Komischerweise bekommt man hier aber für sein Geld auf der Bank auch nur den gleichen miserablen Zinssatz wie in Deutschland. Nun gut, wir leben eben von unseren Zinsen, was die Lebenshaltungskosten schon mal im überschaubaren Rahmen hält.

Hauptkostenfaktor ist momentan die Schule für unsere beiden Kinder. Da die staatliche Bolivianische Schule keinen brauchbaren Abschluss liefert, mit dem man zum Beispiel auch in Europa studieren könnte, würden wir unseren Kindern den Weg in die Zukunft limitieren. Aus dem Grund schicken wir sie auf die offiziell anerkannte Deutsche Schule hier in La Paz – Bolivien. Auf das Colegio Alemán „Mariscal Braun“. Für zwei Kinder kostet uns das jeden Monat etwa 500US$. Hoffentlich können wir uns das noch eine Weile leisten.

Da Bolivien für den Tourismus sehr viel zu bieten hat, war es naheliegend, dass ich mich erst mal im Tourismusbereich nach Arbeit umsehe. Glücklicherweise war das Interesse an einem dreisprachigen Fremdenführer und seiner zweisprachigen Frau groß genug, so dass wir auf Anhieb Arbeit gefunden haben.

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Sascha Blodau hat im Jahr 2010 seinen Lebensmittelpunkt nach Bolivien verlagert. In seiner Kolumne berichtet er über das Abenteuer „Auswandern“ und die Herausforderungen des täglichen Lebens im südamerikanischen Binnenstaat.

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  1. 1
    Jan Harmening

    Sehr interessanter Beitrag!
    Da ich gerade dabei bin, eine Seite zum Thema Auswandern nach Bolivien anzulegen, würde ich gern Kontakt zum Urheber dieses Beitrages erhalten
    MfG
    Jan Harmening

  2. 2
    Sptie

    Find ich Spitze wie man als Rassist (sichtbar gleich am Anfang „Einwanderungspolitik“ bla, bla)
    erstens eine bolivianische Freundin und Kinder hat und zweitens in ein anderes land auswandert.
    kannst dich dort wahrscheinlich schön als herrenmensch fühlen, als toller weißer großer deutscher mit wahrscheinlich auch noch blaune augen.
    typen wie du kotzen mich an.

  3. 3
    Martin Bauer

    Sehr guter und informativer Beitrag! Ich kann mich da gut reinversetzen, da mein Weg nach und in Venezuela ähnlich verlief, auch wenn ich dabei den grossen Vorteil hatte, dass mein Geschäft international aufgestellt ist und ich damit finanziell völlig unabhängig von meinem Aufenthaltsland bin und komfortabel leben kann, wo ich will.

    Dieses Individuum namens „Sptie“ am besten gar nicht beachten! Missgünstige Versager, die nach allem mit Dreck werfen, nach denen, die etwas erreicht haben genauso, wie nach Ihresgleichen, hält das soziale Netz leider auch am Leben

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