Haiti, das sich nach dem vernichtenden Erdbeben vom 12. Januar, der verheerenden Cholera-Epidemie und den skandalösen Präsidentenwahlen vom 28. November im Chaos befindet, feiert am 01. Januar 2011 den 207. Jahrestag seiner Unabhängigkeit von Frankreich.
Haiti ist ein auf der Insel Hispaniola in den Großen Antillen gelegener Inselstaat. Er umfasst den westlichen Teil der Karibikinsel, deren Ostteil die Dominikanische Republik einnimmt. Der Landesname kommt aus der Sprache der Taíno, der Ureinwohner Hispaniolas, und bedeutet „bergiges Land“. Die heutigen etwa 9 Mio. Einwohner Haitis sind größtenteils afrikanischer Abstammung. Saint-Domingue erklärte am 1. Januar 1804 unter dem Namen Haiti seine Unabhängigkeit von Frankreich, sein Führer Dessalines erklärte sich nach dem Vorbild Napoleons zum Kaiser und regierte bis zu seinem gewaltsamen Tod 1806.
In den Jahrzehnten nach der Entdeckung der Insel Hispaniola durch Christoph Kolumbus im Jahr 1492 wurde die indigene Urbevölkerung dieser Insel, die Arawaks (auch Taínos genannt), fast vollständig ausgerottet. Im späten 17. Jahrhundert schließlich wurde sie durch afrikanische Sklaven, die auf den Zuckerplantagen eingesetzt wurden, wiederbevölkert. Haiti, die erste unabhängige Republik von Schwarzen und Mulatten, engagierte sich für die Abschaffung der Sklaverei und unterstützte auch Venezuela, Peru und Kolumbien bei ihrem Unabhängigkeitskampf unter Revolutionsführern wie Bolívar und Miranda.
Unter Präsident Boyer, der das seit 1806 in einen mulattischen Süden und schwarzen Norden geteilte Land 1820 wiedervereinte, schaffte Haiti nach der Besatzung des zu Spanien gehörenden östlichen Teils der Insel (der späteren Dominikanischen Republik) 1822 auch dort die Sklaverei ab. Frankreich verlangte als Gegenleistung für die Anerkennung der Unabhängigkeit Haitis im Jahr 1825 Entschädigungen für ehemalige Plantagenbesitzer. Jahrzehntelang zahlte Haiti an Frankreich, insgesamt 90 Millionen Gold-Franc. Seitdem ist Haiti zum ärmsten Land der westlichen Hemisphäre geworden.
Am 12. Janauar 2010, um 21:53 UTC (16:53 Uhr Ortszeit), ereignete sich auf Grund von tektonischen Spannungen, welche sich seit dem bis dahin letzten schweren Erdbeben an der Enriquillo-Plantain-Garden-Verwerfung im Süden der Dominikanischen Republik im Jahr 1751 aufgestaut hatten, ein verheerendes Naturereignis. Ein Erdbeben der Stärke 7,0 auf der Momenten-Magnituden-Skala tötete nach Schätzung des Leiters der Mission der Vereinten Nationen zwischen 250.000 und 300.000 Menschen. Gemäß einer Einschätzung der Vereinten Nationen war die Ausgangslage wegen mangelnder Infrastruktur verheerender als die der Tsunami-Katastrophe 2004 im Indischen Ozean. Fast ein Jahr nach der Katastrophe leben immer noch 1.3 Millionen Menschen in Notunterkünften und Zelten. Die von den Geberländern zugesagten Milliarden Dollar an Hilfsgeldern sind zum grossen Teil nicht eingetroffen.
Im Oktober wurde das gebeutelte Land von einer Cholera-Epidemie heimgesucht, die bis zum heutigen Tag mindestens 3.333 Menschen das Leben kostete. Über die Weihnachtsfeiertage starben täglich 70 Menschen an der Seuche. Insgesamt sind seit Beginn der Epidemie 148.787 Personen erkrankt, 83.166 Infizierte mussten stationär behandelt werden.
Am 28. November waren 4,7 Millionen Wahlberechtigte im Nachbarland der Dominikanischen Republik dazu aufgerufen, einen Nachfolger für Präsident René Préval zu bestimmen. Im Umfeld der Wahlen kam es zu Unregelmässigkeiten, mehrere Tote und Verletzte waren zu beklagen. Inzwischen haben Experten der OAS mit der Überprüfung der Stimmenauszählung nach den Präsidentschaftswahlen begonnen. Der abschliessende Bericht soll dem scheidenden Präsidenten René Préval nächste Woche übergeben werden.
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