Wer in Lateinamerika an Alkohol denkt, hat dabei Wein und Spirituosen im Blickfeld. Mexiko hat seinen Tequila, Kuba Rum, Brasilianer trinken Caipirinhas, in Peru ist der Pisco das Nationalgetränk und in Chile und Argentinien steht ein Cabernet Sauvignon oder ein Malbec hoch im Kurs. Weniger wird dabei an „Craft Beer“ gedacht, das seit geraumer Zeit in aller Munde ist. “Craft Beer” wird von einem Brauer in kleinen Mengen und unabhängig von Konzernen auf traditionelle Weise gebraut. Die aufstrebende Spezialitätentbierbrauer-Szene Lateinamerikas führt dazu, dass immer mehr kleine Brauereien aus den Boden sprießen und eine Alternative zu den in Massen produzierten Pils-Marken bieten. Noch machen diese neuen Brauereien nur einen winzigen Bruchteil des Gesamtbierabsatzes aus, die Expansion schreitet allerdings rasant voran.
Nach Angaben von Daniel Trivelli, Präsident von „Copa Cervezas de America“ (Santiago de Chile), liegt das Wachstumstempo von „Craft Beer“ in Lateinamerika zwischen 20% und 40% pro Jahr. In Chile liegt die jährliche Wachstumsrate bei 25%, der sich von der Masse abhebende Gerstensaft hat bereits rund 2% des gesamten Biermarktes erobert. Im Staat im Südwesten Südamerikas gibt es etwa 250 Spezialitätenbrauereien, die rund 1.500 verschiedene Biere produzieren. Wegen des heißen Klimas neigen viele Lateinamerikaner dazu, Bier eiskalt und mit niedrigem Alkoholgehalt zu trinken. Dies ändert sich allerdings, wenn sie keine x-beliebigen Durstlöscher zum Auffüllen des Wasserhaushalts trinken.
Die kräftigen Aromen, die sie aus den Rohstoffen der Spezialbiere herausgekitzelt werden, erfordern einen geeigneten Anlass und machen auch vor der Wirtschaftskrise in Brasilien nicht halt. Brasilianische Bierbrauer haben damit begonnen, mit der unglaublichen Vielfalt an tropischen Früchten zu experimentieren. Laut Trivelli wächst im größten Land Lateinamerikas der Absatz von „Craft Beer“ jährlich um 40%. Mit rund 220 Millionen Einwohner ist Brasilien der flächen- und bevölkerungsmäßig fünftgrößte Staat der Erde. Der Pro-Kopf-Verbrauch liegt bei 69 Liter Bier, Spezialbiere machen aktuell nur rund 0,8% des gesamten Bierabsatzes aus.
Einige brasilianische Brauer altern ihre Biere in Cachaça-Fässern, in denen zuvor die Spirituose aus Zuckerrohrsaft gereift war. Dies gibt dem Bier einen einzigartigen Geschmack, zusätzlich wird mit der Zugabe von vergorenen Früchten wie Erdbeeren, Kiwi oder der Passionsfrucht experimentiert. In Ecuador gibt es bereits verschiedene Spezialitätenbrauereien, die ihrem Bier Marmelade aus Passionsfrucht und Chilischoten hinzufügen. Bei der letzten „Copa Cervezas de America“ (Bierwettbewerb und Messe in Santiago de Chile) waren „Craft Brewer“ aus 16 Ländern anwesend, einschließlich Costa Rica, Ecuador, Panama, Uruguay und Venezuela. Über 1.000 Spezialitätenbiere wurden vorgestellt, darunter Mango Magnifico, Subcomandante, Cacau Bombe, Funky Joseph und Backwoods Bastard. Brasilianische „Craft Biere“ heimsten dabei 79 der 175 verliehenen Medaillen ein, gefolgt von Bieren aus den USA.
Die meisten Länder Lateinamerikas haben wegen des Klimas Probleme mit dem Hopfen-Wachstum und importieren den zum Bierbrauen verwendeten „Echten Hopfen“ aus den USA und Deutschland. Dies führt zu einer Verschlechterung der Qualität, wovon das südliche Chile und Argentinien wegen der kühleren Temperaturen nicht betroffen sind. Obwohl die Industrie dort noch in den Kinderschuhen steckt, verzeichnen die nicht-industriellen Bierbrauereien ein rasantes Wachstum und setzen zunehmend auf ihre eigenen Rohstoffe.
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