An einem dieser Badetage, die wir am Strand von Mi Cayito verbrachten, hatte ich bald genug von der Sonne, verabschiedete mich von meinen Freunden und ging zu Fuß bis zum östlichen Ortsende von Santa Maria del Mar. Es war heiß und still. Ein Oldtimer kam vorbei und hupte, um mir zu signalisieren, dass er auf eine Tour aus sei, ich winkte und er blieb stehen, griff rüber und stieß die Tür auf. Er fragte mich, wohin ich wolle und ich sagte, zurück nach Havanna, Vedado, Calle G beim Hotel El Presidente. Er murmelte irgendetwas von … via Tarara und ich fragte ihn, was das sei: Tarara.
Der ganze Wagen polterte, zischte, krachte und gebärdete sich wie ein getretener Hund, und dem Fahrer schien das irgendwie Spaß zu machen. Er griff unter das Amaturenbrett, betätigte einen Kippschalter und ließ ein furchtbar verstimmtes Horn erklingen. Tarara sagte er, sei eine Residenz, in der Kinder aus Russland behandelt würden. Sie waren entweder direkt durch die Strahlung von Tschernobyl erkrankt, oder ihre Eltern hatten ihnen eine Krankheit vererbt- weil sie entweder im Gefahrenbereich gelebt hatten als es zu dem Unglück kam, oder als Liquidatoren bei den Aufräumarbeiten tätig gewesen waren.
Man dürfe sich das nicht wie ein Krankenhaus vorstellen, eher wie ein Camp mit medizinischer Betreuung in einem Hospital. Das Programm sei seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion eingeschränkt worden, aber noch immer aktiv. Jetzt würden viele russische Millionäre ihre Kinder hier abladen, wenn sie mal Ruhe haben wollen.
Ich erinnerte mich an das große und gepflegte, zum Meer hin abfallende Gelände am Fluss Tarara. Erinnerte mich daran, einen Fluss, der in Wirklichkeit eine sich landeinwärts verjüngende Bucht war, vom Bus aus gesehen zu haben. Ich sagte, er solle mich bitte beim Anwesen aussteigen lassen, dort, wo man am besten zum Ufer der Bucht gelangen konnte. Er lachte und sagte: “Auch das ist Kuba, mein Freund.” Ich gab ihm zwei CUC und eine Dose Sprite, er verabschiedete sich und trat seinen Wagen zurück auf die Fahrbahn und verschwand in einem filmreifen Hitzeflimmern.
Übrigens wird es noch weitere Artikel geben, in denen es um Tarara geht. Ganz besonders um die berührende Freundschaft zwischen einem jungen Radsportler und einem der Patienten …
lg/Peter