Seine Unterstützer sind zutiefst verunsichert, Hilfsorganisationen haben zahlreiche Spendengelder eingefroren und die Familie verweigert mittlerweile jegliche Auskunft: der Fall des in Brasilien aufgrund der Verbreitung von Kinderpornos angeklagten deutschen Priesters Benedikt Lennartz schlägt inzwischen auch in Deutschland hohe Wellen. Der Geistliche selbst ist scheinbar in Brasilien untergetaucht. Weder in dem von ihm betreuten Hilfsprojekten, noch in seiner Gemeinde oder über Mobiltelefon ist „Padre Bene“ derzeit zu erreichen, Informationen über seinen derzeitigen Aufenthaltsort widersprechen sich.
Nach Recherchen von latina press sitzen dem Priester aus der Gemeinde Craíbas weiterhin die Justizbehörden im Nacken. Erst wenige Tage, bevor die Staatsanwaltschaft des Bundesstaates Alagoas Anklage wegen „Pädophilie“ erhoben und den Fall an das zuständige Gericht in Arapiraca weitergeleitet hat, stellte dieselbe Behörde im Bundesstaat Recife ein Amtshilfeerfahren (Prozess-Nr. 013.09.000838-6 TJ-AL) an die Gerichte im benachbarten Bundesstaat. Hier geht es um die mögliche Veruntreuung von Spendengeldern für ein Hilfsprojekt, eine offizielle Aussage des Paters wird dort seit 3 Jahren erwartet. Trotz mehrfacher Aufforderung kam Lennartz dem bislang nicht nach, das bereits 2005 eingeleitete Ermittlungsverfahren (Prozess-Nr.: 0126548-10.2009.8.17.0001 TJ-PE) wartet daher weiter auf seinen Abschluss.
Der 41-jährige Priester war vor ein paar Tagen selbst noch in die Offensive gegangen und hatte mehrere persönliche, sich jedoch leicht widersprechende Stellungnahmen verschiedenen Medien zugespielt. Danach sei ein Jugendlicher für die Straftaten verantwortlich, der dies bereits bezeugt hätte. In dem Schreiben, welches latina press vorliegt, wird auch von Unterschriftensammlungen und entlastenden Videobotschaften von Gemeindemitgliedern und betreuten Jugendlichen gesprochen. Diese sollen bestätigen, dass sein „Verhalten immer Korrekt gegenüber ihnen war und niemals ein Verdacht eines unmoralischen Benehmens“ vorlag. Diese Beteuerungen waren jedoch anscheinend auch der zuständigen Diözese nicht glaubkräftig genug, sie suspendierte den bereits seit 19 Jahren in Braslien lebenden Deutschen noch am Tag der Anklageerhebung vom Kirchendienst.
„Freien Zugang zu meinem Computer“
Von jeglicher Schuld reinwaschen dürften solche gut gemeinten Aktionen den Pater jedoch nicht vollkommen. Auf seinem PC in seinem Wohnhaus wurden laut den Ermittlungsbehörden 1.300 Bilder mit teilweise kinderpornografischen Inhalten gefunden, zudem sollen kostenpflichtige Kinderpornoseiten besucht worden sein. Sollten sich die Behauptungen Lennartz bewahrheiten, so hat er mindestens Jugendlichen uneingeschränkten Zugang zu pornografischen und kinderpornografischen Webseiten gestattet, automatische Schutzfilter waren demnach genauso wenig installiert wie Zugangsbeschränkungen in seiner Abwesenheit. Auch eine persönliche Kontrolle wurde nicht durchgeführt, der angeblich tatverantwortliche Jugendliche hatte laut der schriftlichen Stellungnahme generell „freien Zugang zu meinem Computer und den dazugehörigen Speichermedien“.
Ungereimtheiten gibt es auch bei den Aussagen der Ermittlungsbehörden. Lennartz widerspricht deren Darstellung, sein Reisepass wäre im Mai 2009 seitens der Bundespolizei beschlagnahmt worden. Vielmehr habe er sogar noch vor Kurzem geplant, ins Ausland zu reisen. Die Einziehung des Passes und die Verhängung eines Ausreiseverbotes wurde latina press jedoch telefonisch mehrfach vom zuständigen Pressesprecher des Staatsministeriums von Alagoas, Wlaydimir Lima, bestätigt. Kenntnis von möglicherweise entlastenden Zeugenaussagen oder dem angesprochenen Geständnis des Jugendlichen hat dort in Maceió allerdings niemand.
„Sie können alles in Brasilien erfahren“
In Hannover liegen daher mittlerweile die Nerven blank. Paul Lennartz, der Vater des Priesters und Vorsitzender vom „Förderverein Brasilienhilfe Bene“ lehnt zwischenzeitlich jeglichen Kontakt mit den Medien ab. „Ich will mit ihnen darüber nicht sprechen, sie können alles in Brasilien erfahren“ erklärte Paul Lennartz kurz angebunden gegenüber latina press auf telefonische Anfrage. Noch vor ein paar Tagen zeigte er sich von der vollkommenen Unschuld seines Sohnes überzeugt und wollte das angesprochene entlastende Material umgehend zur Verfügung stellen. Zugleich versprach er die Möglichkeit einer Kontaktaufnahme mit seinem Sohn.
Dass sich die Verdachtsmomente in den vergangenen Tagen keinesfalls verringert haben, zeigt auch die nun erfolgte Vorladung des Priesters in Arapiraca. Dort tagt vom heutigen Freitag bis zum Sonntag die parlamentarische Untersuchungskommission des brasilianischen Senats „CPI da Pedofilia“. Auch Benedikt Lennartz wurde von Mitgliedern der Kommission, darunter teilweise hochrangige Senatoren aus Brasília, laut örtlichen Medien für eine Anhörung vorgeladen. Mit grosser Spannung wird nun sein Erscheinen und vor allem seine für das Wochenende geplante Aussage erwartet. In der Stadt im Hinterland von Alagoas wurden in den vergangenen Monaten mehrere Missbrauchsfälle durch katholische Priester bekannt, die ganze Region ist durch den Skandal schwer erschüttert.