Nach dem Interview beim Anwalt besuchte uns der Reporter auch zu Hause, um dort einige Fotos zu machen. Es sollte am Wochenende die „Big Story“ über die Unfairness gegenüber Ausländern in der Zeitung erscheinen. Der Anwalt war der Meinung, wenn wir das Problem an die Öffentlichkeit brächten, könnten die Politiker es sich nicht leisten, uns zu deportieren. Es wurde alles ziemlich knapp, denn wir hatten nur noch ein paar Tage Zeit. Mit dem Broker zusammen fuhren wir zur Immigration, wo wir einen winzig kleinen Erfolg erzielen konnten. Wir erhielten eine weitere Woche Verlängerung, um unsere persönlichen Angelegenheiten ordnen zu können. Es war wenigstens eine kleine Frist!
Nachdem am darauf folgenden Wochenende unsere „Big Story“ in der Tageszeitung erschien, wurden wir überall auf unser Problem angesprochen. Die ganze Insel nahm Anteil an unserem Schicksal. Alle wollten uns ihr Mitgefühl zeigen, indem sie uns ermunterten, weiter zu kämpfen. Nur unsere liebe Nachbarschaft verhielt sich ganz anders. Sie versammelten sich, um zu beratschlagen, wie sie unser Hab und Gut am besten unter sich würden aufteilen können. Für sie stand es bereits fest, dass wir die Insel und damit unser Haus würden verlassen müssen.
Eines hatten wir durch diese ganze Zeitungsaktion erreicht, nämlich dass uns ein paar Wochen lang nicht mehr mit Ausweisung gedroht wurde. Wir hatten uns zwar in regelmäßigen kurzen Abständen bei der Immigration zu melden, erhielten jedoch stets für ein paar weitere Tage eine Aufenthaltsgenehmigung. Dies war sehr nervenaufreibend, zeitraubend und außerdem auch kostenaufwendig, denn für jeden Stempel hatten wir zu bezahlen.
Ganz überraschend bekamen wir eines Tages Besuch eines Fernsehsenders aus Trinidad. Man war durch die Berichte der Presse auf unsere Probleme aufmerksam geworden. Als die Reporter mit dem ganzen Equipment für ein Interview anrückten, war ich gerade bei der Stallarbeit und nicht gerade vorzeigefähig. Doch ich gab Ihnen das Interview, welches abends nach der Tagesschau im Fernsehen gezeigt wurde. Wir waren nun überall im Gespräch als „The peoples with the horses“. Unter diesem Namen kennt man uns heute nach Jahren noch auf der Insel.
Jedoch ein paar Wochen später, ging die Schikane der Behörden von vorne los. Wir wurden wieder mal telefonisch zur Immigration bestellt. Dort saß ein neuer, uns unbekannter Offizier, begutachtete unsere Pässe und verkündete: „No extension, you have to leave with the next flyer.“ Dies hieß, dass wir keine Verlängerung erhielten und mit dem nächsten Flieger nach Deutschland zu fliegen hatten.
In unserer Not flogen wir sogar nach Trinidad zur deutschen Botschaft und baten um Hilfe. Der „Herr Konsul“ wollte uns persönlich sprechen. Jedoch konnte oder wollte uns der freundliche Herr auch nicht helfen. In innerpolitische Dinge könne er sich nicht einmischen, da er auch nur Gast dieses Landes sei. So flogen wir unverrichteter Dinge wieder zurück nach Tobago, hatten wieder einmal nur Zeit verloren und unnötige Kosten gehabt.
Jetzt aufzugeben, kam uns überhaupt nicht in den Sinn. Also fuhren wir direkt wieder zu unserem Broker. Er hatte uns schon mal helfen können. Er meinte, er brauche ein wenig mehr Zeit, als nur die paar Tage, die wir noch hatten. Das hieß für uns, wir würden uns vor den Behörden und der Polizei verstecken müssen. Wir hatten überhaupt keine Zukunftsperspektive mehr. Ich bemerkte auch, dass mein Mann immer stiller wurde und sich immer mehr verschloss.
An dem Tag, an dem wir die Insel hätten verlassen müssen, verschlossen wir alle Fensterläden und Türen, so dass von außen der Eindruck entstand, dass niemand zu Hause sei. Wir waren überzeugt, dass die Polizei im Falle unseres Nichterscheinens am Flughafen uns deportieren würde. Deshalb versteckten wir uns den ganzen Tag über im Haus bis wir wussten, dass die Maschine von Condor nach Deutschland in der Luft war. Nun hatten wir wieder eine Woche gewonnen, denn nur einmal wöchentlich ging ein Flug. Die folgende Woche konnte uns unser Broker wieder durchmogeln, sodass wir nicht fliegen mussten. Dieses Spiel ging einige Wochen lang so. Manchmal kamen wir uns vor wie Schwerverbrecher, die sich vor der Polizei verstecken mussten. Es war sehr nervenaufreibend und auch deprimierend!
Wir hatten keine Ahnung wie unser Leben weitergehen sollte.
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