Der japanische Brauerei-Konzern Kirin kann nun vermutlich doch die Geschäftsführung des brasilianischen Getränkekonzern Schincariol übernehmen. Nach der Aufhebung einer einstweiligen Verfügung wird nun damit gerechnet, dass die von Kirin in Brasilien ernannten Vertreter am Donnerstag (13.) in der Konzernzentrale in Itu im Hinterland von São Paulo vorstellig werden.
„Da die einstweilige Verfügung aufgehoben wurde, erlangt Kirin nun die volle Kontrolle über die von ihnen gekauften Aktien und ist damit nun Mehrheitskationär bei Schincariol“ wird die brasilianische Anwaltskanzlei, die Kirin in Brasilien vertritt, in brasilianischen Medien zitiert.
Der Konzern hatte im August den Brüdern Adriano und Alexandre Schincariol für deren 50,45% umfassenden Anteile an der Familien-Brauerei insgesamt vier Milliarden Reias (ca. 1,7 Mrd Euro) gezahlt. Die Geschwister Gilberto, Jose Augusto und Daniela Schincariol, welche über die restlichen 49,55% des Kapitals verfügen, legten gegen den Deal jedoch vor Gericht Widerspruch ein. Sie erklärten die Übernahme durch die Japaner als nicht rechtsmäßig, da sie ein Vorkaufsrecht für die Anteile ihrer Cousins besitzen würden.
Das richterliche Verbot, dass Kirin die Kontrolle von Schincariol verwehrte, war am Dienstag (11.) von der Kammer für Gesellschaftsrecht für nichtig erklärt worden. Es ist die bislang bedeutenste Entscheidung der erst vor vier Monaten von der Justizbehörde von São Paulo gegründeten Institution. Mit der Schaffung der auf Gesellschaftsrecht spezialisierten Kammer, in dem die Richter bereits über umfangreiche Erfahrung in der Sache verfügen, soll das Gericht flexibler und vor allem schneller handeln als in der Vergangenheit.
Unklar ist jedoch weiterhin, wie die Koexistenz von Kirin mit Minderheitsaktionären de facto zukünftig aussehen wird. Keine Seite wollte sich diesbezüglich dazu äussern. Experten gehen jedoch davon aus, dass Gilberto Schincariol – zuletzt im gehobenen Management in Schincariol positioniert – seinen Stuhl für einen Vertreter von Kirin räumen muss. In Bezug auf den derzeitigen CEO Adriano Schincariol wird vermutet, dass dieser seine Funktion für eine Übergangsfrist behalten und erst danach aus dem Unternehmen ausscheiden wird.
Kirin hat in einer ersten Stellungnahme erklärt, mit den Minderheitsaktionären zum beiderseitigen Vorteil zusammenarbeiten zu wollen. Allerdings ist es ohne weiteres möglich, dass der japanische Konzern nun versuchen wird, auch die restlichen Aktien zu erwerben. Diese Gerüchte, die laut Analysten durchaus den Kurs der Aktie nachhaltig beschädigen könnten, wollte man nicht kommentieren.
Schincariol hat mit seinem Biermarken „Nova Schin“, „Devassa“, „Glacial“, „Baden Baden“ und „Eisenbahn“ sowie Erfrischungsgetränken, Säften und Wasser im vergangenen Jahr einen Umsatz von 54 Milliarden Reais (ca. 23,5 Mrd. Euro) und einen Gewinn von rund 2,9 Milliarden Reais (1,25 Mrd. Euro) erwirtschaftet.
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