In Brasilien hat die umstrittene Neufassung des Waldgesetzes ungeachtet zahlreicher Proteste von Politikern und Umweltschutzorganisationen die nächste Hürde genommen. Am Mittwoch (8.) stimmte der Senat den von der Umweltkommission des Hauses eingearbeiteten Änderungen mit 59 zu 7 Stimmen zu. Vorausgegangen war eine überraschend kurze Debatte, in der nun noch über Formulierung und kaum über wirkliche Änderungen im Kontext diskutiert wurde.
Die Vorlage war bereits im Mai vom Parlament verabschiedet und danach an den Senat verwiesen worden. Nachdem dieser nun jedoch Änderungen eingebracht hat, muß der Kongress erneut über die Vorlage beraten. Optimisten rechnen mit einer Verabschiedung noch vor den Weihnachtstagen, andere Abgeordnete gehen von Beratungen erst nach dem Parlamentsferien im Februar aus. Im letzten Schritt wird die Neuregelung Staatspräsidentin Dilma Rousseff vorgelegt. Sie hat dann die Möglichkeit, die Neuregelung ganz oder teilweise abzulehnen.
Nach letzten Umfragen wird die Neufassung von über 80 Prozent der brasilianischen Bevölkerung abgelehnt, da sie augenscheinlich des Landbesitzern einen Freibrief zur Abholzung des Regenwalds im Amazonasgebiet ausstellt. Die Umweltschützer von Greenpeace sprachen in einer Pressemitteilung gleich von einem “Todesurteil für Amazonien”, womit sie auch bei der ehemaligen Umweltministerin Marina Silva offene Ohren fanden: “Das Gesetz ist gut – für den, der schon abgeholzt hat” so die Präsidentschaftskandidatin der brasilianischen Grünen mehr als kritisch.
Der neue “Código Florestal” beinhaltet zahlreiche Änderungen öffnet vor allem Großbauern und den Viehzüchtern unzählige Schlupflöcher. Diese könnten sich bei einer Sanktionierung durch Präsidentin Rousseff schon kurzfristig auf den Waldbestand im ganzen Amazonasgebiet auswirken. Fast eine Million Hektar nativer Regenwald könnte dadurch in den kommenden Jahren der Motorsäge zum Opfer fallen, haben die Umweltverbände inzwischen ausgerechnet.
Das brasilien Magazin hat die nachfolgenden wichtigsten Punkte des geänderten Gesetzestextes einmal zusammengefasst:
Gesetzliche Schutzgebiete
Native Waldgebiete auf Privatgrundstücken müssen zu einem gewissen Prozentsatz unangetastet bleiben. Dies sind derzeit im Amazonasgebiet – in Brasilien “Amazônia Legal” genannt – 80%, im Cerrado (Savannen) 35% und in allen anderen Landesteilen 20%. Diese Werte bleiben unangetastet, allerdings kann der Wert in den Bundesstaaten, die mehr als 65% ihrer Fläche als Naturschutzgebiete, Reservate oder Indianer-Schutzgebiete ausgewiesen haben, auf 50% reduziert werden. Die Verringerung ist jedoch nur möglich, wenn der “Nationale Umweltrat” dem zustimmt.
Gebiete dauerhafter Erhaltung
Derzeit sind Gefahrenzonen wie Abhänge, Hügelgipfel oder Randzonen von Flüssen und Bächen besonders geschützt. Diese dürfen aufgrund der zu erwartenden Erosion nicht abgeholzt werden.
Die Auwälder (Mata Ciliar) müssen derzeit bei Flüssen bis 10 Meter Breite eine Tiefe von 30 Meter betragen. In der Neuregelung hat der Senat die Eigentümer mit einer Fläche von bis zu vier fiskalischen Einheiten (je nach Bundesstaat ist eine Einheit zwischen zwanzig und vierhundertvierzig Hektar groß) ermöglicht, dass diese maximal 20% ihres Grundstücks dafür bereitstellen müssen. Für Eigentümer größerer Flächen gelten die Regelungen der regionalen Umwelträte für die Uferbereiche, wobei die Tiefe der Auwälder je nach Flussbreite (Kennzahl ist dabei die halbe Flussbreite) zwischen 30 und 100 Metern betragen muss.
Nun ist jedoch auch die Bewirtschaftung dieser Flächen für besondere Kulturen gestattet. Dazu zählen unter anderem auch Äpfel oder Kaffee. Ebenso ist nun die Viehhaltung an Hängen bis 45 Grad Neigung erlaubt.
Aufforstung / Strafen
Eigentümer von Grundstücken bis vier fiskalische Einheiten, die vor Juli 2008 geschützte Zonen abgeholzt haben, können ihre Strafe durch Aufforstung abwenden. Durch die Neuregelung ist dies nun auch für Besitzer größerer Flächen möglich.
Kleinbauern
Kleinbauern dürfen nach dem neuen “Código Florestal” auch Felder in geschützten Zonen anlegen, wenn diese keine großen Umweltschäden verursachen. Dafür muss das betreffende Grundstück jedoch bei einer entsprechenden Umweltbehörde registriert sein und die Aktivitäten dort gemeldet werden. Damit soll der Anbau nicht nur legalisiert werden, der Staat will gleichermaßen entsprechende Daten über die Objekte sammeln, die Aktivitäten überwachen und entsprechend für den Kampf gegen die Abholzung auswerten.
Landwirte mit kleinen Flächen sollen zudem zukünftig für den “Schutz nativer Wälder, der Erhaltung natürlicher Schönheit und der Erhaltung von Biodiversität” finanziell belohnt werden.
Regierungsprogramme
Innerhalb von 180 Tagen nach Inkrafttreten des Gesetzes muss zudem die Regierung ein Programm einrichten, um den Erhalt des brasilianischen Waldbestandes und die Wiederaufforstung zu fördern.
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