In den gewaltigen Kupferschluchten der Sierra Tarahumara in Chihuahua im Norden von Mexiko lebt einer der wenigen, noch ursprünglichen Indianerstämme Mexikos. Schon lange vor Ankunft der europäischen Konquistadoren und Missionare bevölkerten die Vorfahren der Rarámuri den Norden Mexikos. Jenes Volk, das vor ca. 15.000 – 20.000 Jahren über die Behring-Straße von Asien auf den amerikanischen Kontinent kam, bestand aus Jägern und Sammlern mongolischer Herkunft. Beginnend mit dem ersten Jahrhundert nach Christus, mischten sich die Rarámuri mit den Azteken und wurden sesshaft. Heute leben mehr als 50.000 Rarámuri, einer der ursprünglichsten Indianerstämme Mexikos, in den gewaltigen Kupferschluchten im Bundesstaat Chihuahua in Nordmexiko.
Die Rarámuri sind Bauern, Viehhalter, Jäger und Sammler. Im Zentrum der weilerartigen Höfe – den rancherias – liegen die einräumigen Holz- und Lehmhäuser der Großfamilie sowie kleinere Vorratsgebäude. Die rancheria ist mit Schatten spendenden Obstbäumen umwachsen – zumeist Apfel-, Pflaumen- und Pfirsichbäume. Im Anschluss daran folgen die feuergerodeten Felder, auf denen Mais, Bohnen und Kürbisse angebaut werden. Die Höfe befinden sich meist in Rufweite zueinander und in der Nähe von fließendem Wasser. Die verstreut in den zerklüfteten Schluchten liegenden rancherias organisieren sich in losen comunidades (Gemeinden), denen ein demokratisch gewählter Gouverneur vorsteht. Dieser wird gleichberechtigt von Frauen und Männern gewählt und ist für die Organisation sowie für die Lösung von Stammesstreitigkeiten zuständig. Die Rarámuri züchten zumeist Rinder und Ziegen – ein Zeichen von Reichtum und wirtschaftlicher Sicherheit unter den Stammesangehörigen.
Im späten Frühling, einer Periode steter Nahrungsengpässe zwischen dem Ende der Trockenzeit und dem Beginn des agrarischen Zyklus, ergänzen viele Rarámuri ihre Ernährung mit Samen, Wurzeln und Nagetieren sowie der Vitamin-C reichen Larve des Madron-Schmetterlings. Soweit ausreichend Nahrung zur Verfügung steht, gilt die Ernährung der Rarámuri als äußerst gesund und ausgeglichen. Die Mythologie der Rarámuri vermischt heidnische und christliche Elemente, so dass Kultur und Religion heute aus einer Mischung von kolonialspanischen sowie voreuropäischen Traditionen dominiert wird.
Als wichtigster Teil des spirituellen Lebens finden mehrmals im Jahr Wettläufe statt, die sich über mehrere Tage und Nächte hinziehen. Von den Teilnehmern werden oftmals Strecken von über 200 km durch die zerklüfteten Hochebenen und unzugänglichen Schluchten zurückgelegt, wobei die Läufer (Frauen wie Männer) einen hölzernen Ball in der Größe einer Orange vor sich herkicken. Deshalb werden die Indianer von den Mexikanern auch oftmals Tarahumara genannt, was in der Sprache der Rarámuri Fuß-Läufer bedeutet. Während der Nacht wird der Weg von anderen Läufern mit Fackeln beleuchtet. Jedes Rennen wird von einem Fest begleitet, auf dem große Mengen Maisbier (tesgüino) konsumiert werden, das die sonst sehr schüchternen Rarámuri für soziale Kontakte zugänglicher macht.
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