Die kubanische Polizei hat während des Papstbesuches mit einer neuen Verhaftungswelle versucht, Bürgerrechtler und Dissidenten zum Schweigen zu bringen. Wie die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) berichtet, sei die Zahl der bis Dienstagabend bekannt gewordenen neuen politischen Verhaftungen auf mittlerweile 177 angestiegen. IGFM-Vorstandssprecher Martin Lessenthin kritisiert, dass Papst Benedikt trotz der offensichtlichen Verletzungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit während seiner Anwesenheit auf der Insel bisher keine deutlichen Worte für die kubanische Demokratie- und Bürgerrechtsbewegung gefunden habe. „So wird ein falsches Bild der Harmonie erzeugt, das dazu beiträgt, dass die Menschenrechte auf Kuba weiter stranguliert werden“, erklärte Lessenthin.
Kubanische Bürgerrechtler zeigen sich von der mangelnden Anteilnahme der katholischen Kirche enttäuscht. So veröffentlichte der katholische Bürgerrechtler und ehemalige politische Gefangene Oswaldo Payá eine Erklärung, in der er beklagt, dass die katholische Kirche die Verhaftungen von Dissidenten, die den Papst nun „nicht einmal von weitem“ sehen könnten, nicht ausreichend thematisiere und verurteile.
Droh-SMS und gekappte Telefonleitungen
Die IGFM wies außerdem darauf hin, dass die kubanischen Behörden versuchten, solche Meinungsäußerungen zu unterdrücken. Neben den Massenverhaftungen seien zahlreiche Telefonverbindungen gekappt worden. Andere Bürgerrechtler hätten Droh-SMS erhalten, sie würden nach Abreise des Papstes „verschwinden“.
Am 26. März betete Papst Benedikt XVI. zwar öffentlich in der Wallfahrtskirche El Cobre in der Provinz Santiago de Cuba für „jene, die ihrer Freiheit beraubt wurden“ und sprach sich auch öffentlich für einen Wandel auf Kuba aus, das Castro-Regime setzte aber noch während der Messe ein viel deutlicheres Zeichen: Ein namentlich nicht bekannter junger Kubaner, der wärend einer Papstmesse etwa 100 Meter von der Tribüne entfernt begonnen hatte, regimekritische Parolen zu rufen, wurde von kubanischen Staatssicherheitsbeamten zusammengeschlagen und weggezerrt, so die IGFM. Auch die Antwort auf die politische Andeutung des Papstes ließ nicht lange auf sich warten: Es wird auf Kuba keine politische Reform geben“, erklärte Vizepräsident Mariano Murillo mit Nachdruck gegenüber der Presse.
Der Sprecher des Vatikan Federico Lombardi beteuerte, die zahlreichen Petitionen für die Freilassung politischer Gefangener seien während des 40-minütigen Zusammentreffens von Papst Benedikt und Raúl Castro „präsent gewesen“, Namen oder Details seien aber keine genannt worden. Der Wunsch der Bürgerrechtsorganisation „Damen in Weiß“ nach einer Audienz könne „aus zeitlichen Gründen“ leider nicht erfüllt werden.
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