Ein Kommentar von Sarah Hommel
Das sogar hinter dem erwarteten Minimalkonsens hinterherhinkende Abschlussdokument der UN-Nachhaltigkeitskonferenz Rio+20 wird weiterhin heftig kritisiert und auf der anderen Seite maßlos beschönigt. Viele fragen sich, was die Staatschefs in den zwei Tagen überhaupt noch auf der Gipfelkonferenz in Rio de Janeiro bewegen wollen, wird der Textentwurf des Abschlussdokumentes doch bereits jetzt als gescheitert angesehen.
„The future we want“ – die Zukunft die wir wollen, wird auf der UN-Konferenz allmählich zu „The future we have to bear“ – die Zukunft, die wir ertragen müssen. Zumindest kommt dieser Eindruck bei den Appellen der internationalen Verhandlungsführer auf der UN-Nachhaltigkeitskonferenz auf: „Das Gute ist, dass wir überhaupt zu einem Konsens gekommen sind – das gab es schon lange nicht mehr“, verteidigte der deutsche Verhandlungsführer und Umweltminister Peter Altmaier das aussageschwache Abschlussdokument. Um diese Aussage zu unterstreichen zitierte er gar die vollkommen als politischen Flop gewertete Kopenhagen-Klimakonferenz 2009 herbei, wo es zu gar keinem Abkommen kam. Wenn die höchsten Erfolgsaussichten der Rio+20-Konferenz diese sind, vergangene Schlappen wieder vergessen zu machen, sind wir jetzt wieder am Nullpunkt der Verhandlungen angelangt, sähe man von den horrenden Summen ab, die der Steuerzahler für die internationalen Stelldicheins der Staaten bezuschusst hat.
Die Kritik der Zivilgesellschaftsorganisationen (NGOs), der Entwurf gehe nicht weit genug, wurde vom brasilianischen Chefunterhändler Luiz Figueiredo Machado, zurückgewiesen: „Die NGOs haben keinen Grund sich zu beschweren. Sie hatten an der Konferenz einzigartige Beteiligungsmöglichkeiten, die es vorher so noch nie gegeben hat. Sie konnten sogar viele Nebenveranstaltungen direkt hier auf dem Konferenzgelände abhalten.“ Umso frustrierender, dass sie viel reden durften und letztendlich wenig von dem beachtet wurde, was sie im Prozess miteinbringen wollten und konnten. Und mussten. Das Zivilgesellschaftliche Engagement war vorbildlich – und die Heldin der Konferenz bleibt Angela Merkel, da sie durch das gesparte Flugticket nach Rio de Janeiro ihren CO2-Fußabdruck geschmälert hat.
Mininmalkonsens minus Grundsteine nachhaltiger Entwicklung, von deren Beschlussfähigkeit man im Vorfeld eigentlich fest überzeugt war – ist das wirklich der Weg, um die Welt vor dem Klimawandel, dem Verlust der Artenvielfalt und apokalyptischen Szenarien ohne Wasser und auf einem überbevölkerten, armutsgeplagten Planeten zu retten? Wie kann man diplomatische Resultate als standfeste Ergebnisse vertreten, wenn es um eine lebenswerte Umgebung für zukünftige Generationen gehen soll? Das staatspolitische Interessengeschacher hat auf der Rio+20-Konferenz bis jetzt nur gezeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger ihre Hoffnungen in Zukunft eher auf die sich vorbildlich im Prozess engagierte Zivilgesellschaft, den Fortschritt der Wissenschaft sowie den Handlungszwang der Wirtschaft, Ressourcen zu sparen und sich an Verbraucherwünschen zu orientieren, legen sollten.
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