Die politische Krise in Paraguay nimmt immer drastische Formen an. Umweltminister Oscar Rivas hat die Vorgänge in seinem Land als klaren Staatsstreich gegen den Präsidenten Fernando Lugo bezeichnet. Seiner Aussage nach gibt es keine gesetzliche Rechtfertigung, die Amtsenthebung eines Präsidenten zu fordern, welcher mit mehr als 50 Prozent der Stimmen vom Volk gewählt wurde.
„Das ganze Land geht für den Präsidenten auf die Straße! Es ist vollkommen unrechtmäßig, dass das Parlament ein 24-stündiges Eilverfahren, dass unter keinen vorgesehenen Vorschriften durchgeführt wurde, als Beweis benutzen will, um einen rechtmäßig vom Volk gewählten Präsident von seinem Amt zu entheben!“ erklärte Rivas gegenüber IAP / agência latina press im Rahmen der UN-Nachhaltigkeitskonferenz Rio+20 am Donnerstagabend Ortszeit.
Die vom Parlament angeführte Rechtfertigung für die Amtsenthebung bezeichnete Rivas als „lächerlich“. Man müsse die niedrigen Raten von gewalttätigen Zwischenfällen Paraguays im Vergleich mit anderen Ländern sehen, versuchte er den Zusammenstoss zwischen landlosen Bauern und Polizisten zu relativieren. Bei der Konfrontation am vergangenen Freitag waren sechs Polizisten und elf Bauern getötet worden.
„Der Präsident bedauert den Tod dieser Menschen zutiefst und hat eine Spezialkommission zu Klärung der Ursache des Vorgangs eingeleitet. Er ist mehr als bereit dazu, die Geschehnisse in Curuguaty auf die vorgesehene, institutionelle Art und Weise zu klären! Das kann kein Grund sein, den Staatspräsidenten abzusetzen!“
Das Parlament hatte am Donnerstagvormittag ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet. Die Abgeordneten der „Partido Colorado“ und der „Partido Liberal“ werfen dem Präsidenten „schlechte Ausübung seiner Aufgaben“ vor. Bereits am Nachmittag wurde in diesem politischen Prozess die Anklage erhoben. Am Freitagmittag Ortszeit hat Lugo gemeinsam mit seinen Anwälten die Möglichkeit, sich zwei Stunden zu verteidigen. Danach sollen die Aussagen bewertet und die Abschlussplädoyers gehalten werden. Die Verkündung des „Urteils“ ist laut paraguayischen Medien für 16:30 Uhr Ortszeit vorgesehen.
Oscar Rivas hofft, dass durch die Mobilisierung des Volkes ein Staatsstreich noch verhindert werden kann. Er zeigte sich überzeugt, dass die politische Klasse auf die Stimme des Volkes hören wird, die ein Verbleiben des Präsidenten im Amt fordern würde. „Es findet gerade eine hohe Mobilisierung des Volkes in jedem Winkel des Landes statt, vor allem bei den Menschen, die sich von der vorherigen politischen Klasse benachteiligt gefühlt haben und in Armut leben. Diese Menschen haben gemerkt, dass sie durch die Politik des Präsidenten einen Platz in diesem Land gefunden haben“. Darüber hinaus würden laut dem Umweltminister alle demokratischen Kräfte an den Demonstrationen teilnehmen. Es gehe nun darum, die Demokratie in Paraguay zu verteidigen.
Auch die Staatengemeinschaft Lateinamerikas UNASUR hatte auf dem Gipfeltreffen der Vereinten Nationen ihre große Besorgnis über die Situation in Paraguay ausgesprochen. Außenminister Patriota mahnte zur Einhaltung der demokratischen Ordnung und damit zur Gewährleistung der Stabilität im Land: „Die Mitgliedsstaaten der UNASUR sind der Demokratie verpflichtet“.
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