Noch heute, 150 Jahre nach Alexander von Humboldts Tod, kennt so gut wie jedes Kind in Ecuador den deutschen Universalgelehrten. Aufgrund seiner wegweisenden Forschungsarbeit sowie seinem Einsatz gegen Sklaverei und Unterdrückung ist Humboldt in dem kleinen Land ein Held. Das Erfolgsrezept von Humboldts neunmonatiger
Expeditionsreise durch Ecuador: Lebenslust gepaart mit Entdeckerfreude und dem Wunsch, sich über die Grenzen des damaligen Wissenstands hinaus zu wagen.
Seine Forschungen über Ecuadors vielfältige Flora und Fauna lieferten wichtige Errungenschaften für die Botanik, seine Höhen- und Breitenmessungen führten zu bahnbrechenden Erkenntnissen über das Magnetfeld der Erde, durch seine logischen Verknüpfungen verschiedener Wissenschaften gilt er als Vorreiter der interdisziplinären Wissenschaftstheorie, und durch seinen Weltgeist kann er als Vordenker der Globalisierung gesehen werden. In einen Brief an seinen Bruder Wilhelm schreibt Humboldt über Ecuador: „Die hohen schneebedeckten Gipfel, die tätigen Vulkane und […]Erdbeben […], ihre Vegetation und die Sitten ihrer Bewohner machen die Gegend zu der interessantesten der Welt.“
Humboldt interessierte sich nicht nur für die ecuadorianische Ökologie und Geographie, sondern auch für die Menschen. Er war fasziniert von den einheimischen Indianerstämmen und deren Kultur, beschäftigte sich mit ihrer Sprache und ihren Gebräuchen, skizzierte ihr Erscheinungsbild und ihre Wohnstätten. Heutzutage ist Alexander von Humboldt in Deutschland vor allem als universeller Naturforscheranerkannt und wird durch nach ihm benannte Berge und Meeresströmungen geehrt. In Lateinamerika dagegen wird er vor allem für seinen Einsatz für die Gleichheitaller Menschen gewürdigt. „Indem wir die Einheit des Menschengeschlechtsbehaupten, widerstehen wir jeder unerfreulichen Annahme von höheren und niederen Menschenrassen. Alle sind gleichmäßig zur Freiheit bestimmt“, sagte der humanistische Freigeist. Humboldt wird von vielen Menschen in Lateinamerika als zweiter Entdecker Amerikas verehrt, der im Unterschied zu Kolumbus in völlig friedlicher Absicht und immer im Namen der Wissenschaft den Kontinent bereiste.
Breitengrad Null – Unterwegs auf Humboldts Spuren
In der Hauptstadt Ecuadors, Quito, beginnt damals wie heute die faszinierende Expeditionsreise. Quito ist die größte Kolonialstadt Südamerikas und die höchste Hauptstadt der Welt. Zudem war Quito 2011 „Kulturhauptstadt Südamerikas“ und kann sich rühmen, mit seiner Altstadt das älteste Unesco- Weltkulturerbe zu besitzen. Durch ihre erhabene Lage auf 2850 Höhenmetern hat man von Quito aus bei schönem Wetter einen Blick auf bis zu zehn Vulkane und ist den Wolken so nah, dass Humboldt Quitoals „das Fenster zum Himmel“ beschrieb. Humboldt bleibt fast ein halbes Jahr in der Stadt, die nach seiner Aussage „nur Wollust und Üppigkeit atmet“. Sein originaler Pass liegt noch heute im Historischen Nationalarchiv von Quito. In Ecuador katalogisierte Humboldt 6.200 Pflanzenarten, besonders die vielfältige Vegetation in der Umgebung von Quito beeindruckte ihn. 254 endemische Pflanzen existieren noch heute und können während der Reise entdeckt werden.
Nicht nur die Kinder Ecuadors kennen Humboldt. Als ich 1978 zum ersten mal nach Venezuela kam und eine Tour nach San Fernando de Atapapo unternahm ,hörte ich von den Kindern, wenn sie festgestellt hatten das ich ein Deutscher bin immer wieder den Namen Humboldt. Dies war der Anlass, mich, mit Humboldt seinen Schriften und Büchern zu beschäftigen. Interessant sind auch seine Gespräche mit Simon Bolivar und die Einschätzung der Mentalität der Venezulaner. Vieles was heute in dem Land geschieht oder nicht,lässt sich dadurch leichter verstehen