Santos´“dritter Weg“
Santos ist nicht gleich Uribe. Der der Agraroligarchie entstammende und von korrupten Politikern und Warlords umgebene ex- Präsident und sein kultivierter Nachfolger aus angesehenen Politiker- und Verleger-Familien Bogotás (die Familie Santos begründete Kolumbiens renommierte Tageszeitung, „El Tiempo“) sind sich spinnefeind. Rechtsanwalt und Journalist Aurelio Callejas, ein Santos-Freund, will sogar von einer Verschwörung gegen den Präsidenten wissen und hat beim Generalstaatsanwalt Anzeige gegen Uribe und seine „Front gegen den Terrorismus“ wegen angeblicher Umsturzpläne und Hochverrat erstattet.
“La Tercera Vía: una alternativa para Colombia” [Der dritte Weg: eine Alternative für Kolumbien], heisst das 1999 erschienene, sozialdemokratisch angehauchte Werk Juan Manuel Santos´, das sich der Mitarbeit des damals amtierenden, britischen Prime Ministers Tony Blair erfreute. Zehn Jahre später, veröffentlichte Santos im spanischen Renommé-Verlag Planeta, „Jaque al Terror: los años horribles de las FARC“ [Schachmatt gegen den Terror: die grauenhaften Jahre der FARC] – eine Chronik der erbarmunglosen Schläge die der Narco-Guerrilla während seiner Amtszeit als Verteidigungsminister Uribes versetzt wurden. Die Liquidierung der legendären FARC-Comandantes ging komplett auf Santos´ Konto. Das Vorwort dazu schrieb der preisgekrönte zeitweilige Fidel Castro Verbündete, im Mai 2012 verstorbene mexikanische Schriftsteller, Carlos Fuentes. Das Eröffnungszitat entlieh Santos einem dezidiert sozialistischen, doch frei denkenden Nobelpreisträger: Dem Portugiesen José Saramago. Dieser hatte prophezeit: “Sollte Kolumbien es schaffen, sich vom Horror der Guerrilla zu befreien, hat es das Zeug für eine grosse Nation“.
Angetrieben von dieser moralischen Rückendeckung, lenkte Santos in den Friedensappell der Guerrilla ein, sehr wohl wissend, daß er es mit einem bös angeschlagenen, doch noch nicht bezwungenen Gegner zu tun hat.
Zynismus statt Reue
Laut der Meinungsumfrage Gran Encuesta, vom September 2012, erwarten 78% der Kolumbianer daß die FARC für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden, doch bezweifeln immerhin 41 Prozent, dass sich die Guerilla überhaupt auf dauerhaften Frieden einlässt. Die arrogante Ansprache Arangos in Oslo bekräftigte die Befürchtung: Mit keinem Wort wurden die Opfer des Krieges oder die im Dschungel ermordeten oder noch festgehaltenen Geiseln erwähnt.
Die Geschichte straft Arango Lügen: Von einer Paranoia à la Pol Pot besessen, haben die FARC seit 2009 zwischen 400 und 600 ihrer eigenen Leute, Männer und Frauen, umgebracht. Dokumentiert sind z.B. 180 Exektionen auf Anordnung Hernán Darío Velásquez, alias “El Paisá”, Kommandant des berüchtigten Elitebataillions „Columna Móvil Teófilo Forero“. Weitere 112 Morde werden Kommandant “Mono Jojoy”, und 300 Erschiessungen dem FARC-Ideologen „Iván Ríos“ zugeschrieben. Von Geisel-und Gefangenen-Füsilierungen ganz zu schweigen. Doch die FARC kennt keine Reue.
Millarden schwere Narco-Guerrilla
Allerdings könnte die sture Leugnung der Gewaltverbrechen der Guerrilla das politische Genick brechen. Dazu kommen die skandalösen Enthüllungen der Sicherheitsorgane und beauftragten Finanzexperten über Ihr Drogengeschäft: Dank ihrer Waffenmacht haben sich die FARC zum grössten Drogenkartell aller Zeiten entwickelt, sie kontrollieren einen Grossteil des illegalen Kokain-Marktes mit traditionellen Methoden der Mafia. Den Drogenherstellern haben sie z. B. eine sog. „Gramm-Besteuerung“ aufgezwungen, die sich auf das komplette Produktions-und Vertriebssystem erstreckt:
● 10.000 US-Dollar je Woche für den Schutz eines Laborbetriebs,
● 13.000 US-Dollar je Flugzeug-Landung – die FARC kontrollieren 57 Landepisten und 70 Flughäfen,
● 20 US-Dollar je befördertes Kilogramm Kokain,
● 10 US-Dollar Monatssteuer je geschütztem Hektar Anbaufläche.
● 1 US-Dollar Gebühren je Gallon beschiffter Rohstoffe
● 5 US-Dollar je erzeugtes Kilogramm Kokain.
Nach Schätzungen der kolumbianischen Staatsanwaltschaft dürfte sich die mit dem Drogengeschäft jährlich erzielte „Deviseneinfuhr“ der FARC auf Schwindel erregende 1.0 Mrd. US-Dollar belaufen; eine halbe Milliarde allein für die Überwachung der Kokainherstellung, berichtet die Weltbank.
Ausgezeichneter, sehr informativer Artikel! Vielen Dank!
Die Ziffer von einer Milliarde $ pro Jahr als Gesamteinnahme aus dem Drogengeschäft allerdings erscheint mir überhaupt nicht hoch, schon gar nicht als „schwindelerregend“. Ich habe zwar selber keine besseren Zahlen, aber wenn, wie berichtet wurde, mexikanische Kartelle der Polizei 800 Millionen $ monatlich an Bestehungsgeldern zahlen, dann sollte „das grösste Drogenkartell aller Zeiten“ im Jahr etwas mehr einnehmen, als die mexikanische Polizei in nur 5 Wochen an Schmiergeld.
„Laut der Meinungsumfrage Gran Encuesta, vom September 2012, erwarten 78% der Kolumbianer daß die FARC für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden, doch bezweifeln immerhin 41 Prozent, dass sich die Guerilla überhaupt auf dauerhaften Frieden einlässt.“
Ich meine, dies ist ein klares Votum des Volkes, die FARC mit Stumpf und Stiel zu eliminieren. Das Drogengeschäft werden dann andere an sich reissen. Doch dieser Konzern des Terrors und Kapitalverbrechen jeder Art kann und darf unter keinen Umständen in die Gesellschaft eingegliedert werden. Die Folgen wären zumindest für die nächsten Generationen katastrophal und unerträglich.