Der Cotopaxi in Ecuador ist der zweithöchste noch aktive Vulkan der Welt. Um den perfekt geformten schneebedeckten Gipfel herum wurde 1975 ein Nationalpark ausgewiesen, in dem unter anderem Andenwolf, Puma und Kondor zu sehen sind. Landschaftlich ist der Park von Zypressen, Tannen und vor allen Dingen Kiefern geprägt. In der Pufferzone des Parks hat die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ein Projekt mit Pilzen initiert, das gleichzeitig mehreren Partnern Erfolg und Zusatzeinkommen sichert.
Der ecuadorianische Bauer Segundo Romero stapft in Gummistiefeln mit Eimer und Messer bewaffnet durch einen hellen Kiefernwald am Fuβe des Cotopaxi. Romero lebt nur zehn Gehminuten entfernt in dem Dorf Santa Catalina de Churo Pintó und ist auf der Suche nach dem essbaren Pilz SUILLUS LUTEUS, in Deutschland auch als Butterpilz bekannt. Romero findet eine kleine Gruppe von drei, vier reifen Pilzen leicht versteckt unter einer Kiefer. Behutsam pellt er die Haut vom Schirm ab und lässt sie auf dem Boden neben der Kiefer liegen. „Zum einen könnten ungehäutete Pilzhüte zu Durchfall führen und zum anderen helfen die Sporen, dass wir nächstes Jahr hier wieder Pilze ernten können.“ sagt Segundo, der vor ein paar Wochen nicht einmal von der Existens dieses Pilzes wusste, der ihm aber jetzt ein Zusatzeinkommen sichert.
Die Wälder, in denen die Frauen und Männer von Santa Catalina die Pilze ernten, gehören dem ecuadorianischem Holzgiganten Aglomerados Cotopaxi S.A. (ACOSA). In unmittelbarer Nähe der Gemeinde Santa Catalina besitzt das Unternehmen 16.000 Hektar FSC-zertifiziert Waldfläche. FSC ist ein Zertifizierungssystem für Waldwirtschaft, das garantiert, dass Holz- und Papierprodukte aus verantwortungsvoll bewirtschafteten Wäldern stammen. In den Wäldern von ACOSA kam es immer wieder zu Konflikten mit den Anwohnern.
„Es gab Zeiten, da brannte eine grosse Fläche unseres Besitzes oder es kamen Kühe in die Wälder und grasten Jungpflanzen ab, bzw. trampelten sie nieder. Für uns kam es nicht in Frage, einen grossen Zaun um den Wald zu errichten, sondern wir suchten eine Lösung, bei der die umliegenden Gemeinden beteiligt werden sollten.“ sagt Paul Maldonado, Vertreter von ACOSA. Die Lösung kam mit Hilfe der GIZ-Mitarbeiter zu stande. Johanna Flores, Fachkraft bei der GIZ in Ecuador, erklärt wie: „Wir haben den Waldbesitzer, der seine FSC-Zertifizierung in Gefahr sah, einen Produktionsbetrieb, der expandieren wollte und die Gemeinde, die nach einem sicheren Einkommen suchte, an einen Tisch gesetzt. Zusammen entwickelten wir ein PPP-Projekt (öffentlich-private Partnerschaft) bei dem die Privatfirmen und wir als GIZ Geld gegeben haben, um aus der Symbiose von Kiefer und Pilz ein für alle zufriedenstellendes Geschäft zu gestalten“.
Die GIZ veranstaltete Workshops mit einem Pilzexperten oder auch zu Sicherheit, Sauberkeit und Qualitätskontrolle. Wichtig für die GIZ war auch, den Einwohnern am Rande eines Naturschutzparks eine Einkommensperspektive zu geben, die sie längerfristig und nachhaltig davon abhält, die natürlichen Ressourcen des Parks auszubeuten bzw. zu zerstören. Vertraglich abgesichert wurde, dass das Holzunternehmen ACOSA eine Anlieferstelle mit Trockenofen aufbaut, der Gemeinde für mehrere Jahre den Wald kostenfrei zur Verfügung stellt und Teile von brach liegendem Gebiet wiederaufforstet. Die Stiftung FUGJS sichert mit dem Absatz auf internationalem Markt die Einkommen der ländlichen Gemeinde.
Die Pilze wachsen 100% biologisch, d.h. es werden keine Dünger oder Pestizide gespritzt. Nach der Ernte, die nur in der Winterzeit zwischen November und Mai stattfindet, werden die frischen Pilze erst gewogen, dann in Scheiben geschnitten und kommen für 13 Stunden in den Trockenofen, danach in Säcke verpackt und an FUGJS geliefert, die sie in Tüten verpackt. Das Projekt sucht nun nach Möglichkeiten den Trockenofen auch den Rest des Jahres zu nutzen. Diese Trockenprodukte würden dann ebenso von FUGJS vermarktet werden. Romero und seine Kollegen müssen durchschnittlich fünf Stunden arbeiten, um 10 Kilogramm Pilze zu ernten. „Das ist für alle, die hier sonst keine Arbeit finden, und nebenbei ihre Viehwirtschaft betreiben oder auf die Kinder aufpassen, eine ideale Dauer, um Geld zu verdienen.“
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