Die Stadtverwaltung von Rosario in Argentinien ist ihrem Ziel, den Analphabetismus im Stadtgebiet bis 2015 vollständig auszumerzen, ein gewaltiges Stück nähergekommen. Bereits in den kommenden Tagen werden weitere 450 Bürger der größten Stadt der Provinz Santa Fé eine entsprechende Prüfung ablegen. Durch das Alphabetisierungsprogramm Yo, Sí Puedo (Ja ich kann es) haben dann insgesamt 729 Erwachsene in den vergangenen zwei Jahren das Lesen und Schreiben erfolgreich erlernt. Die Verantwortlichen wollen in diesem Zusammenhang gleich drei Stadtteile „frei vom Analphabetentum“ deklarieren und die Initiative auf die restlichen acht Viertel der knapp 1 Million Einwohner zählenden Großstadt ausweiten.
„Die Erfahrungswerte dieses Programms sind unglaublich und äußerst motivierend“ zeigt sich die Koordinatorin des städtischen Plans für Alphabetisierung, Elisabet Crettaz, zuversichtlich. Zur Anwendung kommt seit 2011 ein in Kuba entwickeltes System, dass nicht nur Lesen und Schreiben vermittelt, sondern die Schüler auch über Hygiene und Gesundheitsvorsorge in der Familie aufklärt. Die Betroffenen selbst hätten enorme Fortschritte im täglichen Leben gemacht, so Crettaz. Viele hätten früher kaum das Viertel verlassen, da sie nicht einmal die Fahrtzielanzeigen der Busse hätten lesen können. Auch profitierten jetzt die Kinder in den Familien, denn endlich könnten sich Mütter und Väter auch die Schulaufgaben ansehen.
Dieser Doppeleffekt ist wohl die wichtigste Errungenschaft des ehrgeizigen Programms. Denn gerade Kinder, deren Eltern gerade einmal den eigenen Namen schreiben können, zeigen deutlich mehr Verhaltensauffälligkeiten im Unterricht und können dem Stoff oft nicht folgen. Sie werden zudem von den Klassenkameraden häufiger gehänselt, womit sich der Teufelskreis bereits in jungen Jahren schliesst. Denn Mobbing unter Schulkindern ist auch in Lateinamerika ein immer größer werdendes Problem.
Gemeinsam mit den Kindern lernen
Selbst wenn sich die Situation in den letzten Jahren deutlich verbessert hat und die Kinder aus problematischem sozialem Umfeld über Sozialprogramme besser in den Schulalltag integriert werden können, die nicht alphabetisierten Eltern konnten bislang nur mehr oder weniger tatenlos zusehen. Nun können sie aktiv mithelfen und zugleich mit ihren Kindern gemeinsam lernen. Auch dies ist ein Ziel von Yo, Sí Puedo, welches nur durch das Mitwirken aller Beteiligten so erfolgreich ist. Ausserschulische Lernförderung wie in Deutschland gibt es kaum. So kann man hierzulande für Deutsch Nachhilfe Hamburg oder andere Städte in Erwägung ziehen. Aber selbst in den Metropolen Lateinamerikas wird man diesbezüglich nur schwer fündig. Und Privatschulen können sich die Eltern ohnehin nicht leisten.
Crettaz setzt sich daher vehement dafür ein, dass die Eltern nach der Alphabetisierung auch noch weitere Fortbildungsmöglichkeiten wahrnehmen können. „Es ist toll, dass die meisten noch mehr lernen wollen. Sie wissen, dass es sie voranbringt und sie haben auch mehr Selbstvertrauen, sich weiteres Wissen anzueignen. Ich finde es schade, dass oft gesagt wird, man könne ab einem gewissen Alter nichts mehr lernen. Aber wer den Kurs abgeschlossen habt, der weiss, dass er einen gewaltigen Schritt in seinem Leben unternommen hat, vielmehr in sein neues Leben.“
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